Kerstin Prewo
Dass das Café Morlock eine Institution auf dem Stumpenhof ist, wenn es um hervorragendes Gebäck geht, ist kein Geheimnis. Vorbildhaft auch das integrative Konzept der Zusammenarbeit von behinderten und nicht behinderten Menschen vor und hinter der Theke.
Eine weitere Erfolgsidee von Ekkehard Morlock, der das Café von seinem Vater übernommen und inzwischen an seine Tochter Lilith weitergegeben hat, ist die Ausstellungsreihe „Kunst im Café“. Dieser Tage wurde mit der 200. Ausstellung ein Jubiläum gefeiert.
Rund 100 kunstinteressierte Gäste waren der Einladung gefolgt und lauschten auf der großen Terrasse zunächst den „Vätern Stuttgarts“ mit den beiden Musikern Wolfgang Kurr und Hans-Dieter Kainzbauer, die die Vernissage mit Zweistimmgesang und Gitarre stimmungsvoll umrahmten.
Begonnen hatte alles im Jahr 1982, als ein befreundeter Künstler nach Ausstellungsmöglichkeiten suchte und bei Ekki Morlock vorstellig wurde. Zunächst, so Ekki Morlock in seiner kleinen Rückschau, hätte man gezögert – denn es handelte sich um Aktzeichnungen. „Können wir das in einem Café überhaupt zeigen?“, hätten sie sich damals gefragt. Sie konnten – und die Resonanz der Gäste war so positiv, dass bald schon die nächste Ausstellung folgte. Inzwischen sind die Ausstellungen fester Bestandteil des Cafés und ziehen weit über Plochingen hinaus viele kunstinteressierte Gäste an. Jeweils 6 Ausstellungen werden pro Jahr gezeigt, und die Warteliste ist lang. „Wir sind immer schon zwei Jahre im Voraus ausgebucht“, freut sich Ekki Morlock.
In den Ausstellungen werden dabei nicht nur klassische Bilder und Skulpturen gezeigt, sondern Werke ganz unterschiedlicher Sujets. „Wir hatten schon eine Schmuckausstellung, eine Ausstellung mit afrikanischer Strohkunst oder Ausstellungen der „Literaturpost Südwest“ mit illustrierten Gedichten, die dann vorgetragen wurden“. Wichtig sind Ekkehard Morlock auch die Ausstellungen von Werken behinderter Künstler. „Sie identifizieren sich in besonderer Weise mit ihrer Arbeit“, so seine Beobachtung. Die behindertengerechten Räume des Cafés sind dabei durchaus auch ein Gesichtspunkt. Dass für eventuelle verkaufte Werke bei ihm keine Provision bezahlt zu werden braucht, versteht sich für Morlock dabei fast von selbst.
Wichtig sei ihm bei der Auswahl der ausstellenden Künstler nicht, dass die Werke perfekt seien, sondern dass man die Ernsthaftigkeit des Künstlers spüre. „ Es muss nicht Hochglanz sein, sondern man muss das Leben spüren. Und es muss mit Liebe gemacht sein“, so Morlock. Diese Einstellung des Chefs liegt nicht nur den Ausstellungen, sondern dem gesamten Betrieb zugrunde. Das heißt allerdings nicht, dass an die ausstellenden Künstler keine Anforderungen gestellt würden. Denn die Ausstellungen bedeuten für alle Beteiligten Zeit, Mühe und Aufwand: die Werke müssen entsprechend der Präsentationsmöglichkeiten in den Räumen ausgewählt und vorbereitet und schließlich gehängt werden. „Dabei habe ich schon allerhand erlebt“, berichtet Ekki Morlock und erinnert sich an ein Künstlerehepaar, das bei der Aufteilung der jeweiligen Wände im gut besuchten Café lautstark miteinander in Streit geriet. Besonders wichtig ist es ihm, dass vor allem auch Künstlerinnen und Künstler, die noch nicht „reif“ sind für eine Galerie, bei ihm ein Forum für ihre Kunst bekommen. Umso mehr freut er sich, wenn er im Nachhinein mitbekommt, dass ein Künstler, der in seinen Anfängen bei ihm ausgestellt hat, später mit seiner Arbeit erfolgreich ist. „Bei uns hat vor vielen Jahren ein junger Mann zum ersten Mal seine Fotografien ausgestellt. Inzwischen ist er erfolgreicher Fotograf und kann von seiner Kunst leben.“
Die Jubiläumsausstellung gestaltete auf besonderen Wunsch von Ekkehard Morlock die Aquarellmalerin Kerstin Prewo, die damit bereits zum zweiten Mal ihre Arbeiten im Café präsentiert. Anregungen für ihre Arbeiten findet sie hauptsächlich in der freien Natur, vor allem bei ausgedehnten Waldspaziergängen, wo sie ihre Eindrücke oft mit dem Fotoapparat festhält. Hier werden für sie Kindheitserinnerungen wach, als sie mit ihrem Opa Pilze suchte. Hier findet sie auch Ruhe und Abstand vom Alltag. „Ihre Bilder zeichnen sich aus durch Farbharmonie, durch Stimmungen und Schwingungen, und daran, dass sie dem Betrachter Spielraum für eigene Interpretationen lassen“, so Gabi Mönch in ihrer Einführung, die sie als originelles, lockeres Interview mit der Künstlerin gestaltete. So erfuhren die Gäste auch, dass Kerstin Prewo nicht nur den Pinsel für ihre Arbeiten benutzt, sondern auch Zahnbürsten, Schwämmchen, Wassersprüher und Spritzen und gelegentlich sogar mit bloßen Händen die Farbe aufträgt, was jeweils zu besonderen Effekten führt. Dabei hat sie die schwierige Aquarelltechnik, bei der jeder Farbauftrag auf Anhieb sitzen muss, nahezu perfektioniert. In den frisch renovierten, hellen Räumen des Cafés kommen die feinen Aquarelle besonders gut zu Geltung. „Ich mag die Räume. Mir gefällt aber auch das Konzept des Cafés“, so Kerstin Prewo, und sie sei „schon ein bisschen stolz darauf, die Jubiläumsausstellung gestalten zu dürfen“. „Ihre Bilder sind in jedem Fall spannend“, so Gabi Mönch, und wünschte den Vernissagenbesuchern viel Spaß mit den Bildern und der Verführung in die Natur.
Die Arbeiten von Kerstin Prewo sind noch bis zum 1. Oktober im Café Morlock am Teckplatz zu sehen.