Die Direktkandidaten des Wahlkreises 258 Stuttgart I im MORITZ-Kurzinterview.
Steckbrief
Name: Dr. Stefan Kaufmann
Geburtstag-/Ort: 21. August 1969 in Stuttgart
Wohnort: k.A.
Studium/Ausbildung:
Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und Leiden/Niederlande
Derzeitiger Beruf: Rechtsanwalt
Interview
1. Welche Schlagzeile möchten Sie am Montag, den 25. September, bei ihrer Frühstückslektüre in der Zeitung lesen?
Wahlerfolg für die CDU und Kanzlerin Angela Merkel – die Menschen vertrauen ihr!
2. Aufhalten, aufschieben oder auflösen: wie sieht Ihr Lösungsansatz beim Thema Flüchtlingsstrom aus?
Der wichtigste Lösungsansatz ist aus meiner Sicht: Fluchtursachen bekämpfen! Das möchte ich unter der nächsten Frage gerne genauer erläutern:
- Agadez im Niger, direkt in der Sahara, vor der Küste Libyens im Mittelmeer, in Lampedusa oder an der deutschen Grenze - wo sollte das Hauptaugenmerk der Flüchtlingshilfe liegen? (wo sollte das Problem bekämpft werden)
Flüchtlingshilfe und die Bekämpfung der Fluchtursachen gehen Hand in Hand. Millionen Menschen leben in den ärmsten Ländern dieser Welt, oftmals konkret bedroht durch Klimawandel, Bürgerkriege, schlechte Regierungen oder Terror. Diesen Menschen zu helfen – auch in Kooperation mit der EU – und ihnen bessere Perspektiven in ihrer Heimat zu ermöglichen, ist ein Gebot der Humanität. Es liegt aber auch in unserem Interesse, Hunger, Krankheit und Not zu bekämpfen, denn sie führen oft zu Terror und Krieg und damit zu Flucht und Vertreibung. Deutschland hat seine Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit seit 2005 von 3,9 Milliarden auf 8,5 Milliarden mehr als verdoppelt. Ein beachtlicher Teil dieser Mittel wird zur Fluchtursachenbekämpfung eingesetzt und trägt dazu bei, dass Menschen in ihrer angestammten Heimatregion bleiben können.
Noch immer ertrinken Menschen bei dem Versuch, insbesondere von Nordafrika aus nach Europa zu gelangen. CDU und CSU setzen sich dafür ein die menschenverachtenden Aktivitäten der Schleuser energisch zu bekämpfen und Möglichkeiten zu schaffen, dass Migranten ohne Schutzanspruch von der Überfahrt nach Europa abgehalten werden. Gleichzeitig wollen wir helfen, gemeinsam mit internationalen Organisationen ihre Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern.
- Sollte die Einwanderung nach Deutschland anders als bisher geregelt werden – wenn ja: Wie?
Ich bin der Meinung, dass wir in Deutschland ein Einwanderungsgesetz benötigen. Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, sollten dies auf legalem Weg tun können, sofern sie entsprechende Qualifikationen, wie Ausbildung oder Studium und Sprachkenntnisse, vorweisen können.
- Sollen Flüchtlinge häufiger als bisher abgeschoben werden?
Klar ist: Wer einen berechtigten Asylgrund hat, darf in Deutschland bleiben. Damit die Akzeptanz für die Asylbewerber in unserer Gesellschaft bestehen bleibt, müssen wir auch diejenigen zurückführen und gegebenenfalls abschieben, deren Anträge auf Asyl rechtskräftig abgelehnt werden.
3. Terrorismus/Bedrohung/Innere Sicherheit/Verteidigungspolitik/Außenpolitik
- Wie viel Freiheit darf Sicherheit kosten? (Wie viel unserer demokratischen und persönlichen Freiheit muss man opfern, um die innere Sicherheit zukünftig noch gewährleisten zu können?
Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für ein freies und selbstbestimmtes Leben, im Privatleben ebenso wie im öffentlichen Raum. Wer sich nicht sicher fühlt, kann sein Leben nicht genießen. An öffentlichen Gefahrenorten wie etwa in Einkaufszentren, vor Fußballstadien und an Verkehrsknotenpunkten werden wir deshalb den Einsatz intelligenter Videotechnik auch zu Fahndungszwecken verstärken und eine Mindestspeicherfrist für die Daten einführen. Außerdem wollen wir den Zugang der Sicherheitsbehörden zu vorhandenen Datenbanken erleichtern, wenn es um die Verhinderung oder Aufklärung schwerer Straftaten geht. Dazu werden wir ein Datengesetz neu verabschieden, das sowohl das Informationsinteresse der Sicherheitsbehörden als auch die berechtigten Datenschutzinteressen der Betroffenen regeln soll. Mir ist wichtig zu betonen: Es geht hierbei nicht um die Überwachung der Bürger, sondern um die Nutzung von vorhandenen Daten im Gefahrenfall.
- Was muss getan werden, um Bürger vor Terror zu schützen?
Es darf zwischen den einzelnen Bundesländern keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit geben. Deshalb werden wir unter anderem ein gemeinsames Musterpolizeigesetz für alle Bundesländer erarbeiten. Vernetzung und gemeinsame Nutzung modernster Technik ist unsere Antwort auf neue Herausforderungen. In besonderen Gefährdungslagen werden wir die Bundeswehr unter Führung der Polizei unterstützend zum Einsatz bringen. Dabei wollen wir zunächst den bestehenden Rechtsrahmen ausschöpfen. Bei der Abwehr eines besonders
schweren Terrorangriffs kann die Polizei an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen. Die Bundeswehr soll dann die Polizei unterstützen. Außerdem wird sich die CDU/CSU dafür einsetzen, die Zahl der Polizisten in Bund und Ländern noch einmal um 15 000 zu erhöhen.
• Welche Schwerpunkte möchten Sie beim Thema “Innere Sicherheit“ setzen?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir durch Polizeipräsenz im öffentlichen Raum den Fahndungsdruck in der Drogen- und Straßenkriminalität weiter erhöhen. Darüber hinaus müssen kriminelle Straftäter ohne deutschen Pass schnellstmöglich abgeschoben werden.
4. Außenpolitik/EU:
- Nach der Wahl von US-Präsident Trump ist unser Verhältnis zu den USA komplizierter geworden. Muss sich Deutschland gegenüber den USA neu positionieren?
Im Gegensatz zu Donald Trump haben wir mit Angela Merkel eine Bundeskanzlerin, die die Interessen Deutschlands klug und ruhig vertritt. Mit ihrer Erfahrung und ihrem internationalen Ansehen schafft es Deutschland sich gegenüber den USA zu behaupten und die Dinge mit Klarheit zu betrachten. Auch deshalb setzte ich mich dafür ein, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt!
- Sollte sich Deutschland bei internationalen Krisen stärker engagieren – auch militärisch?
Deutschland kam in den vergangenen Monaten und Jahren eine immer stärkere Rolle in der Welt zu. Nichtsdestotrotz bleibe ich dabei, dass Deutschland in Krisensituationen zunächst diplomatisch eingreifen und das Hauptaugenmerk auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe richten sollte, bevor wir militärisch agieren.
- Wie sehen Sie Deutschlands Rolle in der EU? → Sind Sie für eine engere Zusammenarbeit zwischen Macron und Merkel?
Ich bin sehr erleichtert darüber, dass die Franzosen Macron zu ihrem neuen Präsidenten gewählt haben. Angela Merkel und Emmanuel Macron haben, als Staatschefs der größten Länder in Europa, gemeinsam die Möglichkeit für Stabilität in der EU zu sorgen. Insbesondere nach dem Austritt Großbritanniens.
- Welche Maßnahmen erwägen Sie für ein Stärkung der EU?
CDU und CSU setzen sich für ein starkes, selbstbewusstes und dynamisches Europa ein. Ein Europa, das imstande ist, seine Interessen zu wahren und sich seiner internationalen Verantwortung zu stellen. Der gemeinsame europäische Binnenmarkt sowie die Freizügigkeit durch das Schengen-Abkommen sind die besonderen Stärken der EU, diese gilt es zu bewahren. Deutschland ist eines der Länder in Europa, das auch wirtschaftlich besonders gut da steht. In anderen Ländern besteht z.B. eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Beim Abbau dieser Probleme müssen sich die Staaten gegenseitig solidarisch helfen. Der Erfolg der gesamten EU ist nur möglich, wenn gemeinsam vereinbarte Regeln eingehalten werden. Europa hat außerdem eine Zuständigkeit für Forschung und Entwicklung, für einen digitalen Binnenmarkt und für die Vollendung der Energie-Union. Europa hat die Chance, erneut zu einem Wachstumsmotor zu werden. Dafür bedarf es großer Anstrengungen und der Erkenntnis, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wirtschaftswachstum zentral für unseren künftigen Wohlstand ist.
- Europäische Armee? Ja? Nein?
Europa ist ein Friedensprojekt. Das ist ein einzigartiger Erfolg, Rechtfertigung und Auftrag zugleich: Wir müssen unsere gemeinsame geostrategische Verantwortung für Freiheit und Frieden wahrnehmen und bei der Bewältigung von Konflikten in unserer Nachbarschaft mithelfen. Ich bin für den Vorschlag einer Europäischen Verteidigungsunion und für einen Europäischen Verteidigungsfonds.
- Nach der Brexit-Entscheidung befindet sich die EU in der Krise. Welche Rolle soll Deutschland künftig in der EU einnehmen?
Großbritannien hat sich entschieden, die Europäische Union zu verlassen. Es liegt in unserem Interesse, dass wir auch nach dem BREXIT mit Großbritannien intensive wirtschaftliche und politische Verbindungen pflegen. Ziel muss es sein, die negativen Auswirkungen des BREXIT für die Menschen und die Wirtschaft in Grenzen zu halten. Klar ist aber auch: Wer die EU verlässt, kann nicht weiter von allen Vorteilen der Gemeinschaft profitieren. Deutschland und Frankreich sind meiner Meinung nach nun die stärksten Länder in Europa, die der EU gemeinsam Stabilität vermitteln (siehe oben).
- Soll die Türkei Mitglied der EU werden? (Alle weiteren Staaten wären eine „Belastung“, es wäre eine humanitäre Aufnahme. Alle wertschöpfenden Länder sind schon dabei)
Die EU war vom ersten Tag ihres Bestehens an eine Wertegemeinschaft und dem Schutz von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Religionsfreiheit verpflichtet. Alle Staaten, die der EU beigetreten sind, müssen sich an diesen Werten messen lassen. In der Europäischen Grundrechtecharta wird z.B. die Todesstrafe geächtet und die Menschenwürde geschützt. Die Türkei unter Staatschef Erdogan ist deshalb meiner Meinung nach momentan weiter von einem Beitritt entfernt, als in den Jahren zuvor.
4. Bildung/Familie/Schule/Kinderbetreuung
- Ungebildet, ausgebildet oder eingebildet: wie sieht Ihr Lösungsansatz beim Thema Bildungspolitik aus? (… bzw. wie lassen sich die Probleme in der Bildungspolitik lösen?)
Schulpolitik ist Ländersache, das heißt, sie liegt in den Händen der Bundesländer. Wir von der CDU und CSU setzen und allerdings für das mehrgliedrige Schulsystem ein: Die Kinder und Jugendlichen sollen nach ihren Fähigkeiten und Talenten gefördert werden, anstatt durch eine Gemeinschaftsschule geschleust zu werden. Wichtig ist auch: wir werden die Länder dabei unterstützen, durch Weiterbildung von ausreichend Lehrerinnen und Lehrern die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler möglichst umfassend zu fördern und auf die zukünftige Arbeitswelt vorzubereiten.
- Jüngsten Studien zufolge hängt die Bildungskarriere eines Kindes stark vom Elternhaus ab. Investieren wir genug Geld in die Bildung unserer Kleinsten? | Was werden sie tun, um die Chancengleichheit zu verbessern?
Alle Kinder in Deutschland sollen unabhängig von Herkunft, Einkommen oder Bildungsstand der Eltern die beste verfügbare Bildung und Ausbildung erhalten. Nur dann können sie aus ihrem Leben das Beste machen. Die Betreuungsplätze für Kleinkinder werden zunehmend ausgebaut und jedes Kind hat den Anspruch auf einen Kita- und Kindergartenplatz. Jedoch bleibt es den Eltern natürlich selbst überlassen, wie sie ihr Kind betreuen wollen.
5. Weitere Fragen
- Reichtum und Armut sind in Deutschland ungleich verteilt. Wollen Sie etwas dagegen tun? Wie stellen Sie sich die Rente der Zukunft vor?
Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich nicht weiter geöffnet, sogar das Gegenteil ist der Fall. Die verfügbaren Einkommen der Arbeitnehmer sind in Deutschland von 2012 bis 2015 um fast 11 Prozent gestiegen. Das bedeutet ein sattes Plus im Geldbeutel. Der Einkommenszuwachs höherer und niedrigerer Einkommen fiel in den letzten Jahren fast gleich hoch aus. Dagegen nahm die Vermögensungleichheit zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren ab. Wichtig ist auch: Deutschland hat so viele Erwerbstätige wie nie zuvor. Erfreulicherweise gibt es weniger befristete Arbeitsverträge und weniger 450-Euro-Jobs. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinkt weiter – auf unter eine Million im Jahr 2016.
Die Rentenreform der Großen Koalition von 2007 hat die Weichen für die Entwicklung des Renteneintrittsalter bis 67, des Rentenniveaus und der Rentenbeiträge bis zum Jahr 2030 umfassend und erfolgreich gestellt. Damit wurde auch die Generationengerechtigkeit verlässlich gesichert. Denn wichtig ist mir, dass wir jetzt keine Entscheidungen treffen, die die junge Generation als Schulden zurückzahlen muss. Die Weiterentwicklung der Rente nach 2030 soll in einem partei- und fraktionsübergreifenden gesellschaftlichen Konsens unter Einbeziehung der Tarifpartner geregelt werden. Die gesetzliche Rente soll zentraler Pfeiler der Altersvorsorge bleiben. Daneben sind Betriebsrenten und die private Vorsorge (z.B. Riester-Renten) ebenfalls von großer Bedeutung für eine nachhaltige und gute Altersversorgung. Ziel bleibt es weiterhin Altersarmut zu vermeiden.
- Was muss in Deutschland in Sachen Digitalisierung dringend passieren? /Stichwort Breitbandausbau) Wie gehen Sie damit um, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze wegfallen?
Bereits 2014 haben wir die „Digitale Agenda“ der Bundesregierung beschlossen und setzen sie seither um. Der Ausbau des schnellen Internets ist entscheidend vorangebracht, es wird auch unser Ziel sein, bald ein flächendeckendes 5G-Netz bereitstellen zu können. Wir haben die IT-Sicherheit erhöht, Start-ups besser gefördert, das OpenData- und das eHealth-Gesetz beschlossen. Ebenso mehr öffentliches WLAN und die Abschaffung der Roaming-Gebühren in Europa. In den nächsten Jahren entscheidet sich, welche Länder bei der Digitalisierung erfolgreich und ganz vorne mit dabei sind. Deshalb wird im Bundeskanzleramt die Position eines „Staatsministers für Digitalpolitik“ neu geschaffen. Die Bundeskanzlerin wird einen „Nationalen Digitalrat“ berufen, der einen engen Austausch zwischen Politik und nationalen sowie internationalen Experten ermöglicht. Wir wollen, dass die klügsten Köpfe sich in den Dienst dieser Umgestaltung stellen.
Aus meiner Sicht werden Arbeitsplätze nicht durch die Digitalisierung wegfallen, sondern sich verändern, und auch das nicht sofort. Für die digitale Arbeitswelt, die sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln wird, werden die heutige Jugend und die kommenden Generationen entsprechend ausgebildet sein. Wir müssen aber deutlich mehr als bisher im Bereich der Weiterbildung tun, um die aktuell Berufstätigen und auch die Betriebe auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten.
- Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Klimapolitik setzen?
Umwelt und Wohlstand, Wachstum und Klimaschutz sind keine Gegensätze. Nur durch qualitativ hochwertiges und nachhaltiges Wachstum können wir unsere Lebensqualität dauerhaft sichern. Und die großen Umweltprobleme, die durch jahrzehntelangen Raubbau an den Ressourcen der Natur weltweit entstanden sind, können wir nur durch den Einsatz modernster Technologie lösen. Wir wollen deshalb beides: Gute Umwelt und gute Wirtschaft. Das Pariser Klimaschutz-Abkommen von 2015 ist der bislang größte Erfolg der internationalen Bemühungen zur Begrenzung der Erderwärmung. Dem Abkommen haben sich praktisch alle Länder dieser Welt angeschlossen. Wir bedauern die Entscheidung der amerikanischen Regierung, aus dem Abkommen auszutreten, und werden gemeinsam mit Frankreich und anderen Ländern entschieden für den Erhalt und den Erfolg des Abkommens eintreten. Wir halten an unseren bestehenden Energie- und Klimazielen fest und setzen sie Schritt für Schritt um. Dies gilt auch für den 2016 beschlossenen Klimaschutzplan. Wir lehnen dirigistische staatliche Eingriffe in diesem Bereich ab und setzen stattdessen auf marktwirtschaftliche Instrumente. Damit das Klima Zukunft hat.
- Was wollen Sie gegen die steigenden Mieten in vielen Städten tun?
Um dieses Problem zu lösen benötigen wir ganz deutlich mehr Wohnungen, die öffentlich und privat finanziert werden müssen. Allein mit Nachverdichtung wird dieser Missstand nicht gelöst; es müssen neue Flächen und neue Baugebiete ausgewiesen werden. Hier sehe ich die Städte in der Pflicht.