Sabina Schladebusch
Haiou Zhang
Mit neun Jahren hat er angefangen Klavier zu spielen, heute ist er ein Starpianist. Wie er auch jüngere Generationen davon überzeugt, dass Klassische Musik cool ist und warum man ständig in Musik verliebt sein sollte, verrät Haiou Zhang im exklusiven MORITZ-Interview.
Du hast die Leidenschaft für das Klavier mit neun Jahren entdeckt. Oft werden Kinder mit musikalischem Talent schon früher ans Instrument gesetzt. Wie kam es, dass das Interesse bei Dir erst »so spät« kam?
Mit neun Jahren ist es natürlich, im Vergleich zu vielen Kindern, die schon ganz früh ans Klavier gesetzt werden, relativ spät, um damit anzufangen. Ich denke wichtig ist daran, dass man die Musik liebt. Meine ersten Erfahrungen und Berührungen hatte ich mit zwei Mozart Klavierkonzerten auf Kassette. Ich war so dermaßen fasziniert, dass ich unbedingt ein Instrument spielen wollte. Da war ich sieben. Dann habe ich erst einmal angefangen Keyboard zu spielen und hatte dann einen großen Erfolg bei einem Wettbewerb mit der Ungarischen Rhapsodie II von Liszt. Die Furore war so groß, dass die Fachjuroren meinen Eltern vorgeschlagen haben mir ein Klavier zu ermöglichen, aber das war sehr schwer damals in China, vor allem finanziell. Meine ganze Familie hat zusammengelegt und mir ein Klavier geschenkt. Da war ich knapp neun Jahre alt.
Gerade die jüngere Generation empfindet Klassische Musik als altbacken und langweilig. Mit welchen Worten beschreibst Du Deine Leidenschaft für die Klänge von Bach, Beethoven und Mozart?
Ich denke, dass da Missverständnisse zwischen den jungen Menschen und der klassischen Musik entstanden sind. Häufig wird in der Schule das Fach Musik nicht gut unterrichtet, bzw. die Vermittlung findet nicht statt. Heutzutage kommt auch von den Familien und Eltern sehr wenig Interesse und Antrieb. Die unterstützen das nicht so sehr. In Asien ist das ganz anders. Das ist wirklich sehr wichtig. In früheren Zeiten gab es in Deutschland sehr verbreitet Hausmusik und heute kennt man das gar nicht mehr. Das ist eine wichtige Tradition, die man bewahren sollte. Ich denke, dass klassische Musik nicht altbacken ist. Es kann auch ganz anders klingen. Ich glaube, dass die jungen Menschen die Neugierde besitzen, nur die Vermittlung muss stimmen, damit man Qualität zu schätzen weiß. Ohne die klassische Musik gäbe es heutzutage keine Popmusik. Das sollte die Jugend wissen und auch spüren.
Bach, Mozart, Beethoven – Das ist sozusagen mein Tourplan. Jeder Komponist ist einmalig, unvergleichbar. Diese Klänge sind für mich wie ein unendlicher Fluss, egal ob Bach, Beethoven oder Mozart. Jeder hat seinen individuellen Klang.
Zu Deinem Beruf gehört nicht nur musikalisches Talent, sondern auch das Überwinden von Lampenfieber. Was unterscheidet das Spielen vorm Publikum von den Übungen im privaten Wohnzimmer für Dich?
Wenn man vor einem großen Publikum spielt, braucht man natürlich ein gewisses Adrenalin. Das gibt einen ,Drive‘. Man kann mehr Fantasie und Assoziationen mit einbringen. Wir bereiten uns immer sehr gut vor in einem privaten Zimmer, aber vor dem Publikum muss man musikalische Freiheit haben. Entscheidend ist, wie man zu dieser Freiheit gelangt. Dazu gehört eine sehr gute Vorbereitung, z.B. das Lesen von Literatur über die Komponisten und deren Stücke, um mehr von ihnen zu erfahren und zu wissen, wie man die Stücke interpretiert. Also im Prinzip sammelt man Informationen und vergleicht diese. Musikalische Freiheit werden aber auch die Erfahrungen geprägt und irgendwann verschwindet auch das Lampenfieber.
Auch ich hatte mit ca. 9 Jahren angefangen Klavier zu erlernen, leider habe ich es nie über private Vorführungen hinaus geschafft. Welche Tipps hast Du für diejenigen, die ebenso wie Du einmal ein Weltklasse Pianist werden möchten?
Werdende Pianisten müssen natürlich sehr viel üben und sehr viel Herzblut in ihre Leidenschaft stecken. Das ist ein wichtiger Teil deines Lebens und man muss seine Seele wirklich komplett öffnen. Man muss ständig in die Musik verliebt sein und das Instrument ist eine Verlängerung deines eigenen Körpers. Die Musik muss zu deiner eigenen Sprache werden und das muss alles vereint sein. Ich denke, dass das sehr wichtig ist.
Bei Deinen Auftritten bist Du (und generell Musiker, welche Klassische Musik machen) im Anzug auf der Bühne. Ist das eine Tradition, Vorgabe oder eine persönlich Entscheidung?
Es gibt auch sehr häufig Musiker, die im schlichten Hemd auf die Bühne gehen. Das ist sehr lässig, aber ich liebe es in einem wunderschönen Saal im Frack zu spielen. Das ist ästhetisch schöner. Jeder empfindet das anders, aber fühle mich am wohlsten, wenn ich vor einem großen Konzertflügel und Publikum im Frack spiele.
Hast Du Dich mal am Komponieren versucht, wenn ja wie kommen Deine Stücke an?
Ich habe mal aus eigenem Interesse ein paar Stücke komponiert und das ist wirklich sehr spannend. Ich finde es interessant selber Spannungen aufzubauen und neue Klänge zu erfinden. Ich habe daraus nie etwas Großes gemacht. Wenn ich Inspirationen habe, dann schreibe ich das gerne nieder und mache das aus reiner Leidenschaft.
Klavierstücke findet man nicht nur in der Klassischen Musik. Spielst Du auch Stücke aus der Popmusik?
Ich spiele ab und zu mal Jazz, aber Pop eher weniger. Das ist nicht so mein Ding.
Ist das Klavier Deine »einzige Liebe« oder hast Du auch andere Instrumente für Dich entdeckt?
Doch schon, eigentlich nur das Klavier. Ich höre gerne Streichinstrumente und arbeite gerne mit Streichquartetten zusammen. Aber ich würde sagen, dass das Klavier ,mein‘ Instrument ist.
Der Auftritt am 9. November in der Alten Mälzerei ist bereits Dein zweiter Besuch in Mosbach. Welche Erinnerungen hast Du an Deinen letzten Auftritt und wie ist das Odenwälder Publikum im Vergleich zum Rest der Welt?
Das letzte Mal hat es mit persönlich sehr gut gefallen. Ich war ja mit den Heidelberger Sinfonikern dort und das Orchester kenne ich sehr, sehr gut. Ich habe auch sehr viele Konzerte in Heidelberg gehabt, das letzte Mal mit dem Mendelssohn d-moll Konzert. Ich glaube das war wirklich ein hochvirtuoses Werk. Ich hatte eine sehr schöne Erinnerung an den Abend in Mosbach. Das Publikum war wirklich begeistert und ich freue mich auch dieses Mal sehr nach Mosbach zu kommen, um meine neuste CD "Fingersprints" vorzustellen. Das ist mein drittes Album bei hänssler classic. Das Programm enthält eine vielfältige Bandbreite und ich würde mich über ein volles Haus freuen.