Studieren, obwohl man längst im Beruf ist? Dafür ist es nie zu spät, findet Professor Dr. Michael Ruf, Geschäftsführer des Heilbronner Instituts für Lebenslanges Lernen (HILL) und Weiterbildungsbeauftragter der Hochschule Heilbronn. Welche Möglichkeiten sich auf dem Bildungscampus für Berufstätige bieten und warum Eigenmotivation die wichtigste Zutat für Erfolg an dem Institut ist, erklärt er hier.
Wie würden Sie das Konzept des HILL beschreiben?
Das HILL ist eigentlich eine Umsetzungsinstitution. 2012 gegründet an der Hochschule Heilbronn, um berufsbegleitende Studiengänge überhaupt umsetzen zu können. Zur Info: Berufsbegleitende Studienprogramme müssen kostendeckend angeboten werden, sie werden nicht mit Staats- oder Unterstützungsgeldern subventioniert. Die Hochschule durfte damals keine Studiengebühren erheben, deshalb haben wir eine gGmbH gegründet. Heute ist das HILL das Dach, unter dem wir alle berufsbegleitenden Studienprogramme an der Hochschule zusammenfassen.
Wie hat sich das Angebot des HILL über die Jahre verändert bzw. weiterentwickelt?
Der erste Studiengang damals war der Bachelor Maschinenbau – ganz klassisch. Es gab in der Region viele Techniker und Meister, denen einfach noch der akademische Grad gefehlt hatte. So hatte es begonnen. Mittlerweile kann man sehr schön an der Industriestruktur sehen, Heilbronn ist im stetigen Wandel, sodass wir jetzt auch mehrere Angebote auf Masterniveau haben, die kürzer sind und die auf den speziellen Bedarf in der Automotive Industrie, im Führungsbereich, aber auch in der digitalen Transformation eingehen. Wir bieten jetzt auch einen Bachelor Betriebswirtschaft an, weil wir sehen, dass die Anforderungen im kaufmännischen Bereich wachsen und dass es viele Mitarbeiter gibt, die im Laufe ihrer Karriere merken, da kommt eine gläserne Decke, da müssen wir noch was tun.
Wer gehört zur Zielgruppe des HILL?
Ich würde sagen, es sind drei Gruppen. Zum einen natürlich grundsätzlich Berufstätige, die im Job stehen und Berufserfahrung haben, darauf ist der didaktische Ansatz ausgelegt. Aber dann haben wir auch Studierende, die im Unternehmen vor einem Karriereschritt stehen und sich darauf vorbereiten wollen – meist auch in Absprache mit dem Unternehmen, zum Beispiel als Personalentwicklungsmaßnahme. Wir haben auch Bachelor-Studenten, die gemerkt haben, wir kommen in dieser Sachbearbeiter- oder Techniker-Tätigkeit, also dem operativen Geschäft, nicht mehr weiter, wir brauchen hier einen akademischen Abschluss. Die dritte Zielgruppe, die kommt vor, ist aber quantitativ nicht so groß: Mitarbeiter, die unzufrieden sind und ihre Arbeitsmarktchancen verbessern wollen.
Was hebt das HILL im Gesamtkontext des Bildungscampus besonders hervor?
Der Bildungscampus ist natürlich eine hochinteressante Konstruktion, die wir wohl in Deutschland nirgendwo so haben und die mit Sicherheit auch noch nicht abgeschlossen ist, da er immer noch weiter wächst. Wir sind als Hochschule zunächst einmal in diesem Potpourri mit anderen Bildungsinstitutionen, die sich auch das Thema Praxisorientierung auf die Fahne geschrieben haben. Da ergeben sich viele Synergien für uns, teilweise auch Konkurrenz- oder Wettbewerbssituationen, aber das fördert ja durchaus. Unsere berufsbegleitenden Programme sind aber nicht grundlegend mit anderen Institutionen in Konkurrenz. Es gibt Überschneidungen, aber wir sehen es eigentlich fast nie, dass ein Bewerber da in einen Interessenskonflikt gerät. Ich sehe eher auf dem Bildungscampus noch eine Menge Potential zu Kooperationen. Wir stehen immer vor dem Spagat: Wie breit kann man ein Angebot konstruieren, das auch noch finanzierbar ist? Je mehr Studiengänge wir strukturgleich schaffen und Module austauschen können, desto variabler sind wir im Angebot ohne die Kosten zu steigern.
Wie ist die Resonanz, die Sie erhalten?
Wir wollen mit unseren Studierenden ganz transparent und fair umgehen, das heißt alles was Studiengebühren angeht, legen wir direkt auf den Tisch. Es gibt keine Knebelverträge, es gibt keine verdeckten Kosten, die Studierenden müssen wissen, auf was sie sich bei uns einlassen. Gleichzeitig legen wir großen Wert darauf, auch beratend tätig zu sein. Wir führen mit jedem Interessenten ein Gespräch, oft eine Stunde lang, aber das lohnt sich. Diese Studierenden schließen dann auch ab. Bei uns brechen nur sehr wenige ab, das sind alles sehr gute Zahlen und für mich auch ein guter Qualitäts- und Zufriedenheitsindikator. Wenn wir den einen oder anderen Bewerber für nicht studierfähig halten, dann wird das auch im Vorfeld offen und ehrlich kommuniziert.
Wie kann man sich dieses Vorabgespräch vorstellen?
Formal ist das bei Berufstätigen notwendig, die keine klassische Hochschulzugangsberechtigung haben. Die dürfen ja trotzdem studieren. Hier führen wir dann ein Gespräch, das natürlich einen Beratungs- aber auch einen Auswahlcharakter hat. Wenn wir nur 20 bis 25 Studienplätze haben, weil es uns wichtig ist, die Gruppen klein zu halten, dann ist das Gespräch ein hilfreiches Tool. Darin geht es um die Motivationslage, Kompabilität mit den beruflichen Anforderungen, besprechen, durchgehen und dann auch für Transparenz sorgen.
Was sollte man allgemein mitbringen, um am HILL Erfolg zu haben?
Meiner Erfahrung nach gibt es Studierende, die nicht nur wegen des Abschlusses kommen, sondern weil sie eine große intrinsische Motivation haben und viel Zeit und auch Geld investieren, um persönlich voranzukommen. Ich glaube, das ist so eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Studium. Es kam zum Glück bisher noch nie vor, dass jemand kommt, weil ihn die Personalabteilung geschickt hat und nur den Abschluss haben will. Es muss ein Feuer brennen – wenn wir erst mit einem Feuerzeug hinkommen müssen, ist das eine schlechte Ausgangsposition.
Heilbronner Institut für Lebenslanges Lernen (HILL)
Bildungscampus Nord, Gebäude S, 74076 Heilbronn
Fon: 07131-5040, www.hs-heilbronn.de/hill
Das Heilbronner Institut für Lebenslanges Lernen (HILL) gemeinnützige GmbH ist die zentrale Weiterbildungseinrichtung der Hochschule Heilbronn. Hier wird vor allem auf die Stärken der Hochschule gebaut. Das Institut bietet berufsbegleitende Bachelor- und Masterstudiengänge sowie Zertifikatsprogramme in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Informatik an. Die Studiengänge am HILL werden mit einem international anerkannten akademischem Grad abgeschlossen.