Wer Erzieherin oder Erzieher werden will, lernt am effektivsten in der Praxis. Das hat auch die Erzieherakademie Heilbronn erkannt. An der Fachschule für Sozialpädagogik sind die Schülerinnen und Schüler neben dem theoretischen Anteil auch im Kita-Alltag aktiv. Welche Vorteile das bietet und welche weiteren Qualifikationen in der Ausbildung an der Erzieherakademie Heilbronn erworben werden können, weiß Schulleiterin Isabel Engelhaus.
Wie würden Sie das Angebot der Erzieherakademie beschreiben?
Die Erzieherakademie Heilbronn ist eine Fachschule für Sozialpädagogik. Wir bilden Erzieher aus, zum einen in der praxisintegrierten Ausbildung, zum anderen bieten wir, vor allem für die Schüler mit dem mittleren Bildungsabschluss, das vorgelagerte einjährige Berufskolleg für Sozialpädagogik an. Nach diesem Jahr können die Schüler dann mit der praxisintegrierten Ausbildung weitermachen. Das Berufskolleg für Sozialpädagogik ist ein schulisches Jahr, bei dem sie auch praktische Erfahrungen sammeln können. Das heißt, die Schüler sind an zwei Tagen pro Woche in einer Kindertagesstätte, an den anderen Tagen sind sie in der Schule. Im Prinzip ist es eine Art Vorbereitungsjahr, welches gerade den jüngeren Schülern hilft in ihre neue Rolle hineinzuwachsen und zu begreifen, dass sie jetzt nicht nur Schüler, sondern auch Erzieher sind und somit auch Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder übernehmen müssen.
Was ist der Vorteil der praxisintegrierten Ausbildung?
Bei der praxisintegrierten Ausbildung sehen wir den Vorteil ganz klar in der Verzahnung zwischen Theorie und Praxis. Die Schüler sind einen Tag pro Woche in der Praxis und zusätzlich pro Schuljahr zwei Mal für vier Wochen am Stück sowie auch in allen Ferien. Da sie bereits während der Ausbildung viel Zeit in der Praxis verbringen, entfällt auch das Anerkennungsjahr. In der Schule lernen die Schüler den theoretischen Teil und bekommen natürlich auch viele Anregungen dazu, welche Aktivitäten sie ganz konkret mit den Kindern umsetzen können, beispielsweise in den Lernfeldern Musik, Kunst oder Sport. Das heißt: Sie lernen etwas in der Schule, gehen in die Einrichtung, probieren es aus und sprechen anschließend wieder in der Schule darüber. Da wir mit ganz verschiedenen Kooperationspartnern zusammenarbeiten, lernt jeder Schüler ein anderes Konzept in seiner Einrichtung kennen und kann seinen Mitschülern von diesen Eindrücken berichten. Dadurch entsteht ein toller Austausch von dem die ganze Klasse profitiert.
Was ist Ihnen bei der Ausbildung besonders wichtig?
Uns ist es wichtig, dass die Schüler vieles ausprobieren und aus ihren Fehlern lernen können. Denn niemand beginnt etwas Neues und ist sofort perfekt darin. Keiner von uns ist das. Gerade in der Pädagogik gibt es sehr viele unterschiedliche Ansätze, aus welchen man seine ganz eigene Mischung finden muss. Ich glaube, es wird oft unterschätzt, wie anspruchsvoll die Ausbildung ist. Es gibt definitiv Parallelen zum Lehramtsstudium. Ich halte diesen Anspruch für sinnvoll, denn die Erzieher kümmern sich um die Ausbildung der Allerkleinsten und unterstützen sie bei ihrer Entwicklung und das ist ein sehr, sehr wichtiger Beruf, der in unserer Gesellschaft viel mehr Wertschätzung erfahren sollte.
Wie hat sich die Erzieherakademie seit ihrer Gründung weiterentwickelt?
Gestartet sind wir 2018, als aufgrund des Fachkräftemangels der Gedanke entstand, eine Fachschule für Sozialpädagogik zu gründen, mit Phorms als Träger sowie die Dieter-Schwaz-Stiftung und die aim als unsere Kooperationspartner, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Wir sind eine sehr kleine Schule und das macht uns auch aus. Die Schüler sollen das Beste von uns bekommen, daher möchten wir ihnen eine abwechslungsreiche und vielfältige Ausbildung bieten. Zur ständigen Weiterentwicklung holen wir regelmäßig Feedback ein und fragen oft nach, wie der Unterricht oder das Distance Learning läuft. Schließlich werben wir damit, dass wir die »Wohlfühlschule« sind (lacht). Die Rückmeldung der Schüler, dass sie sich hier gut aufgehoben und auch gehört fühlen, bestärkt uns in unserer Arbeit.
Wie viele Schüler haben Sie derzeit?
Momentan besuchen circa 70 Schüler die EAH. Im Vergleich zum letzten Schuljahr haben wir die Schülerzahl daher mehr als verdoppelt.
Inwieweit hat Corona die Arbeitsweise der Erzieherakademie verändert?
Corona hat uns direkt in unserem ersten Schuljahr getroffen, das war für uns alle eine Herausforderung, die wir jedoch rückblickend sehr gut als Team gemeistert haben. Wir hatten von Beginn an eine Plattform, unsere Phorms Community, auf die die Lehrer kontinuierlich Unterrichtsmaterial hochgeladen sowie wichtige Dokumente für den Schulalltag oder die Praxis zur Verfügung gestellt haben. Diese Plattform bestand bereits vor den Schulschließungen, daher suchten wir eine ergänzende Möglichkeit für die Fortführung des Unterrichts in Form von Videokonferenzen und entschieden uns für Microsoft Teams.
Der Unterricht geht bei uns auch im Onlineunterricht nach Stundenplan weiter. Wichtig ist hier natürlich eine sinnvolle Abwechslung zwischen Selbsterarbeitungsphasen, gemeinsamen Arbeitsphasen sowie Phasen zum Austausch oder für Rückfragen, denn wir wissen: Wenn man acht Stunden vor dem Laptop sitzt, ist die volle Aufnahme von Lernstoff einfach nicht mehr gewährleistet. Die regelmäßigen Videokonferenzen haben die Schüler als sehr positiv empfunden, denn so konnten sie miteinander und auch mit dem Lehrer in Verbindung bleiben – ich denke, das war für alle unglaublich wichtig.
Es ist schön zu sehen, wie man sich in solchen herausfordernden Situationen gegenseitig unterstützt, was für ein Zusammenhalt unter den Schülern vorhanden ist und welche besonderen Fähigkeiten bei jedem Einzelnen zum Vorschein kommen.
Gibt es Pläne, Distance Learning auch nach Corona weiter zu vertiefen?
Natürlich versucht man die Vorteile des Distance Learnings weiterhin zu nutzen. So haben unsere Schüler die Möglichkeit, wenn sie aus verschiedenen Gründen nicht in Präsenz in den Unterricht kommen können, über Microsoft Teams in den Unterricht eingebunden zu werden. Oder auch bei Konferenzen können so Personen zugeschaltet werden, die nicht vor Ort anwesend sein können. Das ist eine gute Ergänzung, die man auch weiterhin beibehalten sollte. Auf Dauer ist aber der Präsenzunterricht nicht zu ersetzen. Ich denke, digitales Lernen ist kein Äquivalent für das richtige Schulleben. Die Schüler brauchen die sozialen Kontakte.
Wie sehen Sie die Rolle und die Wichtigkeit der Erzieherakademie auf dem Bildungscampus?
Wir sind neben der Josef-Schwarz-Schule Heilbronn die einzige Schule, die auf dem Bildungscampus eingegliedert ist, was ich für unsere Schüler sehr schön finde. Denn es wertet die Ausbildung auf, weil wir uns mit Universitäten einen Campus und die ganzen Räumlichkeiten teilen. Unsere Schüler können die Bibliothek oder die Mensa benutzen sowie alle anderen Räumlichkeiten, die auch den Studenten zur Verfügung stehen. Der gute Kontakt zwischen den Einrichtungen auf dem Bildungscampus ist auch ein Anliegen der Dieter-Schwarz-Stiftung. Denn von einem gemeinsamen Vorgehen und der gegenseitigen Unterstützung können alle profitieren. Ich finde, der Bildungscampus Heilbronn ist ein sehr tolles Projekt, welches ständig weiterentwickelt wird und wir freuen uns, ein Teil davon sein zu dürfen.
Jetzt im zweiten Schuljahr: Wie ist das Feedback von den Schülern?
Insgesamt bekommen wir immer ein sehr positives Feedback von unseren Schülern, gerade zum Umgang miteinander und zur Organisation. Wir bemühen uns sehr darum, für die Schüler alles transparent zu halten. Bei Kritikpunkten justieren wir nach, denn verbessern kann man sich immer. Es ist ein positives Resümee, das wir vom letzten Schuljahr gezogen haben und daran wollen wir anknüpfen.
Je größer die Erzieherakademie wird, desto mehr muss man natürlich darauf achten, dass der Wohlfühlcharakter sowie dieser besondere Kontakt untereinander bestehen bleibt. Mir ist es ein persönliches Anliegen, alle unsere Schüler zu kennen, wenn ich ihnen auf dem Flur begegne. Das macht die Erzieherakademie auch aus. Meine Tür steht immer für alle Schüler und Mitarbeiter offen.
Erzieherakademie Heilbronn
Bildungscampus 7, 74076 Heilbronn
Fon: 07131-7453340, www.erzieherakademie-heilbronn.phorms.de
Bei der Erzieherakademie handelt es sich um ein Ausbildungsangebot für angehende Erzieherinnen und Erzieher. Die Schülerinnen und Schüler durchlaufen an der Fachschule für Sozialpädagogik eine dreijährige duale Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher. Wichtiger Bestandteil ist dabei eine praxisorientierte Verzahnung zwischen Akademie- und Kita-Alltag.