Holz als Baustoff: Leicht, flexibel, energieeffizient, nachhaltig, recyclebar, ästhetisch – und damit sind längst nicht alle positiven Attribute aufgezählt. Das Material mit jahrtausendealter Geschichte hat in der Baubranche zuletzt eine Wiederbelebung erfahren, Bauen mit Holz ist „in“. Am Standort Mosbach der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) kann man seit Dezember 2022 auch den Schwerpunkt Holzbau im Studiengang Bauingenieurwesen belegen. Die ersten dualen Studierenden lassen sich jetzt zu Holzbau-Experten ausbilden.
Ben Bock ist ein Pionier. Er gehört an der DHBW Mosbach zu den ersten neun Studierenden, die seit Ende 2022 den Schwerpunkt Holzbau in ihr Bauingenieurstudium integriert haben. Holz ist „sein“ Baustoff: Der 28-Jährige hat eine klassische Ausbildung zum Zimmerer-Gesellen gemacht. „Für mich war es danach ein logischer Schritt, in Richtung Ingenieur zu gehen“, sagt er über seine Karriereplanung. „Da war dieser Holzbau-Schwerpunkt im Bauingenieurstudium natürlich eine echte Einladung an mich.“ Ben Bock arbeitet für den dualen DHBW-Partner B&O Bau Baden-Württemberg GmbH – einen technischen Dienstleister, der seit 20 Jahren namhafte Kunden aus der deutschen Wohnungswirtschaft im „Ländle“ betreut. „Spezialität“ von B&O unter anderem: Neubauten in Holz-Hybrid-Systembauweise.
„Ben Bock und ‚sein‘ beziehungsweise ‚unser‘ Dualer Partner B&O sind sozusagen prototypisch für das, was wir mit dem Holzbau-Schwerpunkt in unserem Studiengang anbieten und erreichen wollen“, sagt Hartmut Werner, Studiengangsleiter Bauingenieurswesen und selbst Professor für Holzbau. „Baden-Württemberg hat eine Holzbau-Offensive gestartet, und nirgendwo passt diese besser als hier. Das Land hat eine ausgeprägte Tradition im Holzbau, aber viele Jahre spielte dieser Baustoff nur eine untergeordnete Rolle – da haben eher Stahl- und Stahlbetonbau dominiert.“ Über das Holz Innovativ-Programm (HIP) im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) hatte das Land Ende 2020 eine Stiftungsprofessur für Holzbau im Bereich Bauingenieurwesen-Projektmanagement an der DHBW Mosbach ermöglicht. Sie wurde im März 2021 mit Frank Brühl besetzt.
Professor Brühl ist der richtige Mann an der richtigen Stelle. Denn auch er „lebt“ Holzbau mit jeder Faser: Schon im Jugendalter half er seinem Onkel, einem Zimmermeister. Die Zimmerer-Lehre war da schon vorgezeichnet. Nach dem Gesellenbrief entschied er sich statt für die Walz („drei Jahre und ein Tag sind eine lange Zeit“) für die akademische Laufbahn, aber immer „sehr nah am Holz“: Bauingenieursstudium in Stuttgart, danach Auslandsjahre dank DAAD-Stipendium an der University of Calgary in Kanada sowie in Christchurch/Neuseeland, schließlich Promotion an der Universität Stuttgart und Industrietätigkeiten als Projektingenieur sowie technischer Leiter im Ingenieurholzbau in Österreich und Prüfsachbearbeiter in Deutschland. „Mit Frank Brühl haben wir die Stiftungsprofessur exzellent besetzen können“, freut sich Hartmut Werner, „sein Werdegang ist vom Holzbau geprägt.“
Frank Brühl hat seit 2021 intensiv gearbeitet, um das spezielle Lehrangebot im Studienschwerpunkt auszugestalten. „Holz ist ein besonderes Material mit vielen Vorteilen, die auch unter Klima-Gesichtspunkten auf verschiedenen Ebenen positiv zum Tragen kommen – vom Raumklima bis zum Klima des Planeten. Aber Holz ist kein einfacher Baustoff. Mit ihm zu arbeiten und ihn in idealer Weise mit anderen Baustoffen zu kombinieren, muss man als Bauingenieur möglichst umfassend lernen.“
Das geschieht nun an der DHBW Mosbach. Die fünf Kernmodule im Lehrplan verdeutlichen, worum es geht: Ingenieurholzbau, Bauablaufplanung im Holzbau, Modulares Bauen und Bausanierung, Baukostenplanung und -steuerung im Holzbau und schließlich Maschinelle Fertigung im Holzbau. „Im gesamten sechssemestrigen Bauingenieursstudium nimmt der Schwerpunkt Holzbau zwei Semester ein“, sagt Ben Bock. „Wir lernen dabei alles zum Material Holz, das ja ‚arbeitet‘: Holz quillt oder schwindet, es hat je nach Umweltbedingungen unterschiedliche Festigkeit. Beim modularen Bauen geht es um Fertigbauteile und die Konstruktion industrieller Bauteile, Aspekte, die auch bei der maschinellen Fertigung eine Rolle spielen. Dass die Planung und der Bauablauf bei Holz ‚speziell‘ sind, wird ebenfalls vermittelt.“
Der neue Studienschwerpunkt ist für die Baubranche wichtig, insbesondere für den mehrgeschossigen Wohnungsbau, den Brückenbau und den Gewerbe- und Industriebau. „Das duale Studium in diesem Bereich ist ein Alleinstellungsmerkmal der DHBW und kann die Bauwirtschaft in der Region und darüber hinaus stärken“, sagt Professor Werner. „Es gibt einen erheblichen Bedarf an gut ausgebildeten Ingenieuren mit diesem Schwerpunkt – das zeigt auch das große Interesse unserer dualen Partner.“ Das Land sei bestrebt, auch im Bauwesen ein höheres Klimabewusstsein zu verankern. „Holz ist der einzige relevante Baustoff, der eine günstige CO2-Bilanz aufweist und einen unmittelbaren Speichereffekt erzielt. Durch die innovative Weiterverarbeitung mit niedrigem Energieeinsatz findet Holz in verschiedensten Formen Verwendung und kann mit architektonischen Akzenten zu einer nachhaltigen Baukultur beitragen“, ergänzt Professor Brühl.
Das Bauingenieursstudium mit dem neuen Schwerpunkt Holzbau haben im Dezember 2022 zunächst 9 Studierende an der DHBW aufgenommen – Tendenz stark steigend. „Wir müssen ja auch immer passende Duale Partner dabei haben und diese einen geeigneten Bewerber finden“, sagt Frank Brühl, „Da ist auch das ‚Matching‘ mitentscheidend für einen Studienplatz.“ Für das Studienjahr 2023 hat die DHBW 30 Studienplatzzusagen an 25 Duale Partner ausgesprochen. Die Plätze im Bauingenieurwesen sind begehrt, daher ist jetzt, gut ein Jahr im Voraus, die richtige Zeit, sich für einen dualen Studienplatz für 2024 zu bewerben. „Wer also Lust auf praxisnahe akademische Expertise im Holzbau hat: Die Liste an Studienplätzen wird in Kürze veröffentlicht!“
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