Ausbildung bei Zoller
Mittelständische Unternehmen, wie die E. Zoller GmbH & Co.Kg in Pleidelsheim, die auf Messtechnik und Tool-Management-Systeme spezialisiert ist, müssen bei der Akquise vonAuszubildenden und Mitarbeitern sehr aktiv sein. MORiTZ sprach mit der Personalleiterin Dagmar Zoller und der Auszubildenden zur Industrie-Kauffrau Janine Sommer über die Lehrstellensuche, den Bewerbungsprozess und die abteilungsübergreifende Ausbildung.
Frau Zoller, wie suchen Sie als Personalleiterin nach Auszubildenden?
Wir schalten Stellenanzeigen in Medien mit einem großen Verbreitungsgebiet. Wir besuchen Ausbildungs- und Karrieremessen, gehen zu Ausbildungstagen und betreiben direktes Marketing in Hochschulen. Wir gehen aktiv in die Akquise, weil es ein Bewerbermarkt ist und weil wir, obwohl wir ein großes mittelständisches und international agierendes Unternehmen sind, nicht so bekannt sind wie Daimler, Porsche, Bosch, Trumpf oder Mahle, die sich ihre Azubis aussuchen können.
Was sind die Vorteile einer Ausbildung in einem mittelständischen Unternehmen?
Hier sehen die Auszubildenden schon früh, was im Geschäftsbetrieb auf sie zukommt, denn sie übernehmen Aufgaben und Verantwortung. sie arbeiten aktiv in verschiedenen Teams und Abteilungen mit. Die Konfrontation mit Tatsachen und dem wirklichen Leben hilft unseren Azubis wirklich weiter – natürlich, ohne sie zu überfordern. Was bringt mir jemand, der anderthalb Jahre nur in der Lehrwerkstatt eingesperrt ist? ich glaube, dass das in großen Unternehmen eher der Fall ist. Mit Frau Sommer hatten wir Glück, nach dem zweiten Lehrjahr ist sie jetzt vollwertiger Ersatz für eine ausgeschiedene Mitarbeiterin.
Welche Anforderungen sollten die Bewerber erfüllen?
Gute Noten spielen eine Rolle. Auch Haupt- oder Realschüler mit sehr gutem oder gutem Schnitt kommen für eine Ausbildung in Frage. Mit einem Dreier-Schnitt würde es für die Azubis in der Berufsschule allerdings sehr schwierig werden. Viele Bewerber glauben, dass ihnen alles zufliegt, vielleicht auch, weil unsere Generation sie zu sehr verwöhnt hat. Heute zählt Leistung und in der Prüfung können wir als Unternehmen nicht helfen. Die Azubis müssen lernen und wollen, anders geht es nicht. Völlig fehlerfreie Bewerbungsunterlagen mit perfekt formuliertem Anschreiben sind zwar chancensteigernd, aber eher zweitrangig.
Welche Charaktermerkmale sollten Auszubildende besitzen?
Ich entscheide nach Bauchgefühl. Damit habe ich mich bisher nicht vertan. Wenn mir jemand gegenübersitzt, muss er mir, locker gesagt, charakterlich gefallen. Ich setze auf junge Leute, die frisch von der Schule kommen und gut in das Auszubildenden-Team passen. Auch Studienabbrecher, die nach ein oder zwei Semestern erkannt haben, dass der Studiengang nichts für sie ist, erhalten eine faire Chance.
Haben Sie bevorzugte Kandidaten?
Ich ziehe Absolventen oder Auszubildende von Fachhochschulen oder Dualen Hochschulen den Universitätsstudierenden vor, da sie genau wissen, wie sie eine Aufgabe praktisch angehen und lösen. Wir sagen unseren Dual-Studierenden deutlich, dass sie lernen müssen und stellen sie dafür sogar frei. Wenn sie dreimal durch eine Prüfung fallen, wäre der Ausbildungsvertrag ja automatisch aufgehoben. Unser Ziel ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung und die Übernahme der Auszubildenden.
Worauf achten Sie im Bewerbungsgesprächverstärkt?
Ich achte weniger auf die Knigge-Regeln. Da bin ich sehr liberal (lacht). Es ist Aufgabe der Eltern und der Schule, Kindern Anstand und Benehmen zu vermitteln. Es gehört sich eigentlich, dass man aufsteht, wenn jemand den Raum betritt, aber darüber würde ich hinwegsehen. Ich erwarte von Bewerbern nur, dass sie mir die Hand geben und Augenkontakt halten. Aus dem Fenster schauen oder auf das Handy schauen wären No-Gos. Wartende Bewerber, die zu einer Fachzeitschrift greifen, machen auf mich auch einen guten Eindruck. Passivität oder reines Antworten auf Fragen mit »Ja« oder »Nein« wären im Bewerbungsgespräch zu wenig. Ich wünsche mir Interesse und aktive Beteiligung am Gespräch. Ich habe keinen Fragenkatalog, aber wenn ich merke, dass jemand eine Antwort auswendig gelernt hat, greife ich ein, stelle eine überraschende Frage und warte die Reaktion ab. Das ist für meine Einschätzung sehr wichtig. Auf 15- bis 18-jährige Ausbildungsbewerber stelle ich mich natürlich anders ein als auf Bewerber für offene Positionen.
Wie wichtig ist die Weiterbildung von Mitarbeitern?
Wir investieren jährlich ungefähr 250.000 Euro in die bedarfsgerechte Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Das ist für ein mittelständisches Unternehmen schon eine sehr beachtliche Summe. Mitarbeiter kommen oft auf uns zu und wir achten darauf, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber von der Weiterbildung profitieren. Den neuen Auszubildenden haben wir jetzt einen einwöchigen Einführungskurs bei der IHK ermöglicht, damit sie nicht sofort ,ins kalte Wasser‘ geworfen werden. Inhalte waren Produktdesign und Firmengründung, das fand ich bemerkenswert. Die Projekt-Ergebnisse wurden uns präsentiert. Wenn Auszubildende nach Prüfungskursen fragen, machen wir diese möglich.
Frau Sommer, warum haben Siesich für eine Ausbildung zur Industriekauffrau entschieden?
Ich wusste erstmal gar nicht, was ich wollte. Auch die Schule hat mich nicht darauf vorbereitet, das war ein Problem. Ich habe es zuerst mit einem Praktikum in einer Bank probiert. Das war aber nichts für mich, weil es am Schalter sehr langweilig war. Dann habe ich mich in Richtung Industrie orientiert und mich hineingelesen. Interessant fand ich, dass ich als Industriekauffrau Einblicke in die Abläufe verschiedener Unternehmensbereiche wie Produktion, Personal, Vertrieb oder Einkauf erhalten konnte. Das hat mir sehr geholfen und inzwischen fragen mich neue Kollegen um Rat. Ich finde meinen Beruf spannend und habe meine Ausbildungszeit jetzt auf 2,5 Jahre verkürzt. Im November mache ich meinen Abschluss.
Wie haben Sie nach Ausbildungsplätzen gesucht?
Ich habe mit einer App gearbeitet, die von verschiedenen Jobportalen Stellenangebote sammelt. Dadurch wurde ich auf die Anzeige der E. Zoller GmbH & Co.KG aufmerksam. Weil ich nicht genau wusste, was Zoller herstellt, bin ich auf die Homepage gegangen, habe mir ein Ausbildungsvideo angeschaut und mich über das Karriere-Portal online beworben. Im Vorstellungsgespräch erfuhr ich dann mehr über die Geschäftsbereiche.
Was war das Schwierigste an Ihrer Bewerbung?
Meine Schwester hat mir vor allem beim Anschreiben geholfen. Das hatten wir in der Schule nicht geübt. Der Lebenslauf hingegen fiel mir sehr leicht.
Was ist Ihnen im Anschreiben wichtig, Frau Zoller?
Das Motivationsschreiben darf nicht zu kalt sein und sollte einen kleinen Einblick in die Persönlichkeit geben. Azubis können Hobbys oder Aktivitäten nicht nur im Lebenslauf auflisten, sondern können diese auch im Anschreiben anführen. Was nicht geht, sind Vorlagen aus dem Internet oder falsche Adressköpfe.
Frau Sommer, wo sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?
Ich werde definitiv bei der E. Zoller GmbH & Co.KG bleiben. Ich freue mich, dass mich die Geschäftsführung schon frühzeitig über meine Übernahme informiert hat und mich wertschätzt. Meine Lieblingsabteilung ist die Arbeitsvorbereitung. Hier dreht sich alles um die Aufträge. Wir sorgen für die Planung und Einhaltung von Terminen sowie die Vormontage. Derzeit bin ich für reibungslose Abläufe in der Linienfertigung zuständig und kommuniziere mit vielen Abteilungen.
E. Zoller GmbH & Co. KG
Gottlieb-Daimler-Straße 19,
74385 Pleidelsheim
www.zoller.info/de/arbeitenbeizoller