Ein Gitarrist vom alten Schlag

Foto: Torsten Rothe

Mark Knopfler in Stuttgart

Was war das für ein Wochenende?! Hitzerekorde hier, Schweißausbrüche da, überall vor Menschenmassen platzende Freibäder dort. Wem kommt es da noch in den Sinn, seinen Abend in einer Konzerthalle zu verbringen? Nun, offenbar einigen Tausend. Und sie hatten einen sehr guten Grund dafür. Dieser hieß Mark Knopfler.

Der Brite gastierte am gestrigen Sonntag in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle und verzückte seine Zuhörer. Ja, verzückte! Anders kann man das kaum beschreiben, was der 65-Jährige auf die Bühne zauberte. Jeder der geschätzten 10.000 Besucher hing buchstäblich mit seinen Ohren an Knopflers Saiten. Ruhig, gebannt, fast voller Ehrfurcht. Gleich mit dem Opener „Broken Bones“ fesselte er sein Publikum und ließ es erst bei der letzten Zugabe „Piper to the end“ los. Garniert mit ein paar launigen Ansagen, die nie deplatziert und aufgesetzt wirkten, war Knopfler der Chef im Ring. (Man könnte auch Boss sagen, aber dieser Titel ist einem anderen Gitarristen vorbehalten.) Für viele gehört Knopfler zu den besten Gitarristen der Welt – zurecht. Der in Glasgow geborene und mit zahlreichen Grammys ausgezeichnete Musiker bewies abermals, dass es keine große Theatralik braucht, keine Pyros, keine opulenten Bühnenbilder, kein Gepose, um eine große Show zu bieten, die Menschen von den Stühlen reißt. Es reichen ein Mann und eine Gitarre. Und eine exzellente Band, die den genialen Gitarristen unterstützt, ihn sich entfalten lässt, ihn in den Fokus rückt und doch vor so viel Bühnenpräsenz Knopflers nicht untergeht. Dafür sorgte freilich auch der Gitarrist selbst, der sich nie selbst zu wichtig nahm, auch mal seinen Mitmusikern das Feld überließ, eine angenehme Sympathie ausstrahlte und einfach nur wie ein guter Kumpel, mit dem man viel erlebt hat, wirkte.

Seine Songs, die er in Stuttgart auf die Bühne brachte, wählte Knopfler routiniert. Es war von allem und für alle etwas dabei. Mal fürs Herz, mal fürs Ohr, mal für die jüngeren seiner Fans, mal für die ganz alten. Und natürlich durften auch bahnbrechende Dire Straits-Hits wie „Romeo and Juliet“, „Sultans of Swing“ sowie „Telegraph Road“, der letzte Song vor der Zugabe nicht fehlen. Dieser war auch nach zwei gespielten Akkorden ein Startschuss für viele Besucher, die davor brav und in der glühenden Hitze der Halle schwitzend auf ihren Sitzplätzen verharrten, vor zu Bühne zu stürmen, um ihrem Held ganz nah zu sein. Man könnte hier die vielzitierte Phrase „Die Stimmung war auf dem Siedepunkt“ schreiben und läge damit tatsächlich im Wortsinn richtig. An dieser Stelle darf man auch das musikbegeisterte Stuttgarter Publikum loben. Dort, wo bei anderen Konzerten überall die Smartphones aufleuchten, waren es bei Knopflers wohl bekanntestem Hit, „Sultans of Swing“, gezählte elf Telefone, die im Zuschauerraum aufgeleuchtet sind. Und das lag ganz sicher nicht an den leeren Akkus. Man war viel zu sehr mit seinem Kopf- und Ohrenkino beschäftigt, als dass man noch ans Filmen oder das Fotografieren denken konnte. Knopfler sei Dank. So sind sie nunmal, die Gitarristen vom alten Schlag.

GERMANY, Stuttgart - 05 JULI / Schleyerhalle / Mark Knopfler