Nach dem Ende seiner Karriere kehrt Marc Schnatterer zurück in die Stadt an der Brenz. Anfang September wurde er von über 6.600 Zuschauern begeistert verabschiedet. Im MORITZ-Interview erzählt die Clublegende vom letzten Spiel seiner Karriere, spricht über seine neue Rolle als Trainer im Verein und erklärt, warum ihm Heidenheim so ans Herz gewachsen ist.
Wie hast du dich bei deinem Abschiedsspiel gefühlt? Weil mein letztes Punktspiel in Mannheim schon ein bisschen her war, war der Leistungsdruck, den ich in meiner aktiven Karriere immer mit mir herumgetragen habe bei diesem Spiel nicht gegeben. Trotzdem war ich im Vorfeld natürlich etwas angespannt, vor allem, was die Themen wie Organisation und Zuschauerzahl anging. Es hat mich sehr gefreut, dass sich in den letzten zehn Tagen vor dem Spiel ein extremer Hype entwickelt hat, vor allem nach dem großartigen Unentschieden im Spiel gegen Dortmund. Danach hatten viele einfach richtig Bock darauf mit dabei zu sein. Als ich dann am Tag des Spiels mitbekommen habe, das sechseinhalb Tausend Leute zu meinem Abschied gekommen sind, war das natürlich der perfekte Rahmen für mich. Als ich morgens aufgewacht bin, war ich voller Vorfreude darauf mit meinen Wegbegleitern auf und neben dem Platz und meinen Freunden und meiner Familie den Tag zu genießen. Wenn ich jetzt zurückblicke, würde ich sagen, dass es sogar ein bisschen schöner war, als ich es mir vorgestellt habe. Auch die Rückmeldungen von allen Zuschauern und Mitspielern waren durchweg positiv, das macht es für mich natürlich gleich doppelt so schön.
Wenn du jetzt deine Spielerkarriere Revue passieren lässt, was waren da für dich die Highlights, die dir am meisten bedeuten? Boah, das ist immer so schwierig. Das Problem ist, dass mir beim Wort Highlight immer das Spiel in München in den Kopf kommt, wo wir vor 73.000 Zuschauern spielen durften und fast gewonnen hätten und ich selber noch ein Tor geschossen habe. Auch das Spiel in der zweiten Liga beim VfB, das wir gewinnen konnten oder das Spiel gegen den HSV während der Corona-Zeit, bei dem wir in der 95. Minute noch den Sieg geholt haben, springen mir da direkt ins Gedächtnis. Das sind schon Momente und Emotionen, wo der Fußball seine ganze Kraft zeigt und die ich nie vergessen werde. Aber natürlich war für mich die Reise hier in Heidenheim, die dreizehn Jahre, wenn man sieht, wo wir angefangen haben, einfach ein Riesenerfolg. Vor allem die Auftritte im DFB-Pokal waren für mich immer etwas ganz Besonderes. Und auch der Aufstieg von der dritten in die zweite Liga macht mich bis heute einfach enorm stolz, wenn ich daran denke, dass wir damals als Meister vor Leipzig aufgestiegen sind.
Wieso hast du dich für den Wechsel vom Spielfeld auf die Trainerbank entschieden? Ich habe schon relativ früh festgestellt, dass ich mich im Fußball-Business recht wohl fühle und auch gerne dabei bleiben möchte. Der Fußball hat gewisse zeitliche Abläufe, mit denen man selbst und auch das eigene Umfeld gut klarkommen muss. Freie Wochenenden sind während einer Saison bekanntlich Mangelware. Der Trainerjob hat mich schon extrem interessiert und ich möchte momentan einfach rausfinden, ob das etwas für mich ist.
Was sind deine Aufgaben beim 1. FC Heidenheim? Meine Hauptaufgabe aktuell ist es als Cotrainer bei unserer U19 zu arbeiten und das Team in der A-Jugend Bundesliga zu unterstützen. Da lerne ich jetzt gerade ein wenig den Alltag kennen: Das umfasst die Vorbereitungsphase, also die konkrete Spielvorbereitung aber auch die menschliche Vorbereitung unserer Jungs auf die kommenden Aufgaben. Darüber hinaus habe ich auch im Leistungsbereich unserer Jugendabteilung also der U16, U17 und auch U19 die Aufgabe Input beim Thema Offensivspiel und vor allem Standards zu geben. Dann bin ich natürlich auch noch in meiner Rolle als Markenbotschafter für den Verein unterwegs, aber ich denke die meisten Menschen bringen mich ja ohnehin mit Heidenheim in Verbindung, daher bin ich da eh rund um die Uhr als Botschafter im Einsatz.
Was für ein Trainer möchtest du gerne werden? Na gut, ich bin jetzt ganz am Anfang meiner Trainerkarriere, deshalb habe ich natürlich noch viel zu lernen. Aber ich versuche den Jungs natürlich Sachen mitzugeben, die ich über viele Jahre selbst beobachtet habe. Mir persönlich ist es sehr wichtig, dass ich ein Trainer werde, der für jeden Spieler zugänglich ist. Die Kommunikation und die Ehrlichkeit im Umgang miteinander sind mir sehr wichtig. Ich glaube, wenn das Zwischenmenschliche stimmt, dann hat man eine sehr gute Basis, auf der wir dann das spielerische mit Freude und Überzeugung aufbauen können. Von einer echten Vision als Trainer bin ich zwar noch etwas weit entfernt, aber natürlich möchte ich mir eine DNA aneignen, für die Art von Fußball die ich gerne spielen lassen möchte.
Was ist für dich der größte Unterscheid zwischen Spieler und Trainer? Es gibt schon eine Menge Unterschiede. Als Spieler bist du für dich verantwortlich, da musst du schauen, dass du fit bist und dein Leistungsmaximum erreichst. Als Trainer bist du für die ganze Mannschaft verantwortlich. Da versuchst du, so gut es geht, jedem gerecht wirst. Das ist zwar nicht einfach, aber man muss das Gefühl haben, dass man es richtig anpackt. Als Trainer planst du morgens dein Training und beschäftigst dich mit dem Zustand deiner Spieler. Ist jemand verletzt oder krank? Im Jugendbereich spielt natürlich auch die schulische Leistung immer eine Rolle. Als Trainer beschäftigt man sich viel länger mit allen Themen rund um den Platz und die Mannschaft, als ich das noch als Spieler getan habe. Obwohl ich in meiner Rolle als Kapitän natürlich auch immer versucht habe, das große Ganze zu sehen. Aber als Trainer hat man einfach eine ganz andere Verantwortung. Man ist immer noch jeden Tag auf dem Platz, aber muss zum Glück nicht mehr ganz so viel laufen.
Du bist jetzt wieder zurück in Heidenheim. Was macht den Charme der Stadt an der Brenz für dich aus? Für mich war ganz wichtig, dass ich hier als Mensch super aufgenommen wurde. Innerhalb der Mannschaft, aber auch außerhalb konnte ich mich hier sehr schnell super zurechtfinden. Ich glaube ich bin ein offener Typ, der auch gerne mal in meinen Jahren als Spieler in dem ein oder anderen Café saß und mit den Menschen diskutiert hat. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir meine Zeit in meiner ersten alleinigen Wohnung hier in Heidenheim. Damals habe ich über einer Pizzeria gewohnt. Die Familie mit italienischem Papa und deutscher Mama haben mich sofort als ihren dritten Sohn aufgenommen und das hat es mir einfach brutal einfach gemacht. Das ist der Wohlfühlfaktor, der Heidenheim für mich einfach speziell macht. Es hat natürlich auch geholfen, dass wir damals als Mannschaft einfach ein sehr verschworener Haufen waren und gemeinsam und mit vielen Freunden und Bekannten aus der Umgebung sehr viel unternommen und auch unsere Siege und Aufstiege immer ordentlich gefeiert haben. Und auch jetzt entdecke ich immer wieder schöne Ecken. Oben am Schloss kann man sehr schön spazieren gehen. Das habe ich früher eher weniger gemacht, aber mit Hund und Kind ist das auch sehr schön. Der Brenzpark und der Tierpark sind immer einen Besuch wert. Und generell finde ich, das es oben am Schlossberg mit dem Naturtheater, der Voith-Arena und dem Congress Centrum wirklich schön ist. Die Stadt ist zwar recht klein, aber dafür auch sehr schnuckelig. Ich freue mich schon auf den Winter und die Ausflüge mit meiner Familie zum Schlittenfahren.
Stationen
2004–2006 SGV Freiberg
69 Spiele, 14 Tore
2006–2008 Karlsruher SC II
37 Spiele, 2 Tore
2008–2021 1. FC Heidenheim
457 Spiele, 121 Tore
(Rekordspieler)
2021–2023 SV Waldhof Mannheim 49 Spiele, 11 Tore
Größte Erfolge
2008 Meister Regionalliga Süd
2014 Meister 3. Bundesliga