Foto: Patrick Schneiderwind
Kissin Dynamite
Schwäbische Schwermetaller? Schwäbische Schwerarbeiter! Die Jungs von Kissin‘ Dynamite machen aufjeden Fall schwer von sich reden. Mit schwäbischem Fleiß und Ehrgeiz hat sich die einstige Schüler-Combo aus Münsingen und Burladingen zur Band der Stunde in Sachen stadiontauglichem Rock und Metal gemausert. Top-Ten-Chartplatzierungen, der renommierte Metal-Hammer-Award als beste deutsche Band 2018 und ein ausverkauftes LKA Longhorn beim Heimspiel in Stuttgart sind Belege einer erfreulichen Erfolgsbilanz.
Treffpunkt Tübingen. Neckarmüller, 20 Uhr. Am Abend bevor der Startschuss für die große »Europe in Ecstasy«-Tour fällt. Einen Monat lang quer durch Deutschland. Dazu Gastspiele in Holland, Italien und der Schweiz - später im Jahr auch noch in Frankreich, Spanien und England. Die Koffer sind gepackt. Für ein letztes Hefe-Weizen ist allerdings noch Zeit. Gitarrist Ande und Schlagzeuger Andi stoßen mit MORITZ-Redakteur Andrej Meinzer in der schwäbischen Heimat auf den anhaltenden Erfolg der Emporkömmlinge an. »Im Moment fühlt sich alles sehr gut und losgelöst an«, beschreibt Taktgeber Andi den aktuellen Status Quo. Auch eine aufkommende Erkältung kann dabei die gute Laune des Schlagzeugers nicht trüben. Auf der Bühne stehen und in ausverkauften Häusern bejubelte Shows zu spielen ist eh die beste Medizin. »Obwohl wir noch recht jung sind, haben wir als Band mittlerweile schon sehr viel erlebt und reichlich Erfahrung. Wir haben uns die ganzen Jahre über durch verschiedene Entwicklungsstufen durchgefressen - haben auch mal Wege eingeschlagen, die wir dann auch wieder zurückgegangen sind weil man gemerkt hat, das ist nicht das Wahre!« Der aktuelle Erfolg von Kissin‘ Dynamite ist hart erarbeitet. Sowohl die Band wie auch die beteiligten Personen sind seit der Gründung der Band 2007 sprichwörtlich erwachsen geworden. »Natürlich lief nicht alles bilderbuchmäßig bei uns ab - auch zwischenmenschlich«, ergänzt Gitarrist und Band-Gründer Ande. »Wie in einer echten Beziehung eben! Da gibt es auch immer mal wieder Hochs und Tiefs. Wichtig ist, dass am Ende des Tages jeder weiß, was er aneinander hat. Und das ist bei uns so! Wenn ich daran denke, was bisher alles passiert ist, dann ist das echt Wahnsinn und dann bin ich da auch stolz darauf, was wir geschafft haben!«
Ein eventueller Höhenflug wird dabei direkt von der angeborenen schwäbischen Bodenständigkeit der Musiker ausgebremst. »Ich finde es supergeil auf der Bühne zu rocken - aber im Alltag bin ich der totale Spießer. Wenn ich morgens aufstehe geht der erste Gang zur Kaffeemaschine und nicht zum Kühlschrank mit dem Jacky drin«, grinst Ande.
Die schwäbische Mentalität von Kissin‘ Dynamite zeigt sich aber auch in der nach wie vor vorhandenen Verbundenheit mit der schwäbischen Heimat. Geprobt wird vor der Tour beispielsweise immer noch in Münsingen - wenn auch augenzwinkernd eher schwäbisch sparsam oder wie es Gitarrist Ande umschreibt: »Wir proben effizient, komprimiert und sehr fokussiert.« Schlagzeuger Andi ergänzt dabei nicht minder charmant: »Ich sag‘ immer: wenn wir noch öfter proben würden, würd‘s auch nicht besser werden.«
Musikalisch wecken Kissin‘ Dynamite unweigerlich Assoziationen zu den Hochzeiten des stadiontauglichen Rock und Metal der 80er-Jahre - dabei wurden die Bandmitglieder teilweise erst in den 90ern geboren. Für Andi kein Widerspruch: »Die Einflüsse, die hier und da mal wahrzunehmen sind, die habe ich schon im Rückenmark meines Vaters aufgesaugt - denn der wusste damals schon, was gute Musik ist! Von der Musikalität her sind wir zwar unstrittig angelehnt an die 80er - es wäre allerdings höchst vermessen, davon zu reden, dass wir ein billiger 80er-Abklatsch sind. Wir sind weitaus frischer, eleganter und nuancierter.« Beleg dafür ist das jüngste Kissin‘ Dynamite Album »Ecstasy«, das die Band nach den Gastspielen als Vorband für Powerwolf im vergangenen Jahr jetzt auch auf einer eigenen Headliner-Tour live präsentiert.
»Wie der Tour-Name schon vermuten lässt, steht das aktuelle Album im Fokus. Wir schaffen es aber auf der Tour jedes Album in der Setliste unterzubringen - und womit? Mit Recht! Denn jedes Album hat seine Daseinsberechtigung«, weckt Ande die Vorfreude auf das Heimspiel in Stuttgart. Die Lunte brennt jedenfalls und Kissin‘ Dynamite sind bereit für die nächste Karriere-Explosion.