Der Korbleger von Marcos Knight bildet den Schlusspunkt: Am 8. März steuert der „Wühlbüffel“ gegen 16:55 Uhr in Ulm seine Zähler 17 und 18 zum 94:76-Sieg bei. Die gut 200 Fans im Gästeblock und im weiten Rund der mittlerweile leise gewordenen ratiopharm arena jubeln ausgelassen. Es ist der 17. Erfolg im 21. Saisonspiel. Auswärtssiege sind schön, besonders im Schwaben-Derby, besonders in Ulm. Obwohl die Ausbreitung des Corona-Virus schon damals wie ein Damokles-Schwert über dem Sport und der Gesellschaft schwebt, scheinen gravierende Auswirkungen noch in weiter Ferne.
Wenige Wochen später ist nun alles anders. Der Spielbetrieb in der easyCredit Basketball Bundesliga ist seit dem Spiel in Ulm und bis auf weiteres ausgesetzt. Der Sport ruht, das öffentliche Leben ist ebenfalls zum Erliegen gekommen. Die Gesundheit und das Wohl der Allgemeinheit stehen im Vordergrund. Die Ausbreitung des Virus muss, vor allem zum Schutz der Risikogruppen, verlangsamt werden. Das ist gut, richtig und nicht nur mit dem Blick nach Italien absolut unausweichlich, sondern gleichzeitig auch der schleichende Beginn eines neuen Zeitalters.
Die Welt, auch die basketballerische, wird nach dem Coronavirus eine andere sein. Für den möglichst folgenlosen Neubeginn laufen landauf, landab in allen Betrieben, Sportklubs und Organisationen die Gespräche und Evaluierungen möglicher Szenarien. Es gibt viele Gedankenspiele mit einem nach wie vor unklaren Ausgang.
Der Abbruch einer Spielzeit, die derartig begeisterte und das Potential zur besten Saison der Klubhistorie hatte, scheint (Mitte März) mehr und mehr wahrscheinlich. Doch trotz dieser Tragik steht der zweite Tabellenplatz, das potenzielle Heimrecht in den Playoffs und die sehr wahrscheinlich doch platzende Austragung der Endrunde um die U16- und U19-Meisterschaft, auf die wir uns alle derart gefreut hatten, vollkommen im Hintergrund. Klar ist: Die MHP RIESEN Ludwigsburg müssen sich gewaltig strecken und vor allem auf finanzielle Unterstützung und Verzichte ihre Partner, Fans und Unterstützer hoffen. Sonst ist die sechzigste Saison, die mit Sicherheit letzte in der Geschichte des Ludwigsburger Basketballs.
Als ein Fan, der in der engen und immens lauten Rundsporthalle die Liebe zu diesem Spiel entdeckte und die zahlreichen Höhepunkte ebenso wie den bis dato tiefsten Fall des Klubs – den sportlichen Abstieg 2013 – in aller Dramatik miterlebte, schmerzt die aktuelle Lage ungemein.
Mittlerweile ist da jedoch mehr: Denn durch das Journalistik-Studium ist mein Hobby seit 2014 mehr und mehr zu meinem Beruf geworden. Der Spagat der vergangenen Jahre, zwischen „normaler Arbeit“, Home Office und meinem Sohn, zwischen Freunden und Familie hat trotz aller Herausforderungen immer irgendwie geklappt. Das Privileg im Sport arbeiten zu dürfen, war und ist der fortwährende Antrieb. Jetzt sorgen das Coronavirus und die bevorstehende Kurzarbeit dafür, dass ich deutlich weniger arbeiten müsste als noch vor einiger Zeit. Doch das möchte ich nicht. Ludwigsburg, nein die Welt, befindet sich im Krisenmodus. Die Zukunft ist ungewiss. Es geht um Arbeitsplätze und Existenzen. Um die Zukunft und Existenzen meiner Kollegen, um das Arena-Personal, um eine der schönsten und wichtigsten Facetten im gesellschaftlichen Ludwigsburg, um einen Klub, der nicht nur mit seinem sozialen Engagement zahlreiche Menschen begleitet und berührt. Um einen Klub, der zum Risiko-Patient wurde und binnen kürzester Zeit Atemnot bekommen hat.
Sollten sich die MHP RIESEN den Fortbestand sichern und das Überleben bewerkstelligen können, wäre dies einer der größten Erfolge der Klubgeschichte. Die Lage ist ernst, die Chance begrenzt. Doch Kampf, Leidenschaft, Intensität und der unbedingte Wille sind nicht nur prägende Facetten unserer Jungs auf dem Parkett, sondern auch abseits davon zu finden. Wir werden kämpfen und getreu unserem Motto „Alles für Gelb“ unser Herz für den Klub geben. Im Zweifelsfall ehrenamtlich. Doch nur mit Einzelkämpfern wird der Klub nicht überleben können. Wir brauchen den 6. Mann. Wir brauchen ihn mehr denn je.
Ein Gastbeitrag von Lukas Robert, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit MHP RIESEN Ludwigsburg.