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Atemluft: Heilbronn will Silvester-Feuerwerk aus Innstadt verbannen
Beim Silvesterfeuerwerk wird giftiger Feinstaub freigesetzt
In einigen deutschen Städten liegt die Belastung der Atemluft mit Feinstaub über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation. Städte und Umwelthilfe wollen Abhilfe schaffen.
Bei 20 µg/m3 Luft liegt der Grenzwert, der nach einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht überschritten werden sollte. In Stuttgart, Heilbronn und Ludwigsburg wird dieser Wert im Jahresmittel bereits ohne die Belastung durch ein Feuerwerk überschritten (s. Werte unten). Innerhalb weniger Stunden setzen die Feuerwerksböller zum Jahreswechsel zusätzliche Tonnen besonders giftigen Feinstaubs frei. Auch Tiere werden stark belastet.
Organisiertes Feuerwerk außerhalb der Stadt
Die Deutsche Umwelthilfe (DHU) befürwortet dabei ausdrücklich die Durchführung professionell und zentral organisierter und die Luftqualität nicht beeinträchtigender Silvester-Feuerwerke außerhalb der belasteten Innenstadtbereiche.
„Viele hunderttausend Menschen mit Atemwegserkrankungen, wie beispielsweise schwerem Asthma, flüchten zum Jahreswechsel aus ihren Wohnungen oder müssen sich dort regelrecht luftdicht verbarrikadieren", erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Bereits etwa 100 000 Unterstützer hätten eine ensprechende Petition unterzeichnet.
5000 Tonnen Feinstaub zusätzlich
Innerhalb weniger Stunden setzen die Feuerwerksböller zum Jahreswechsel laut DUH circa 5.000 Tonnen besonders giftigen Feinstaubs frei. Der aus Feuerwerkskörpern stammende Feinstaub sei besonders hoch mit giftigen Stoffen belastet, so dass seine negativen gesundheitlichen Auswirkungen deutlich höher sind als bei den sonstigen Feinstaubquellen. Die Menge des in diesen wenigen Stunden um den Jahreswechsel freigesetzten Feinstaubs entspreche etwa 16 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge.
Feinstaub (PM10) ist ein Luftschadstoff, der insbesondere gesundheitlich vorbelasteten Menschen mit Asthma oder anderen Atemwegserkrankungen sowie Schwangeren und Kindern schaden kann. Die WHO hat einen Jahresmittelwert von 20 µg/m3 festgelegt und fordert die Herabsetzung der derzeit 35 erlaubten Überschreitungstage auf 3 Tage.
Keine private Böllerei im engeren Innenstadtbereich
Neben den gesundheitlichen Belastungen, schweren Verletzungen und Todesfällen führt die Silvester-Böllerei laut Umwelthilfe auch zu riesigen Abfallbergen, tausenden Feuerwehreinsätzen, erheblicher Brandgefahr und Risiken für Natur und Tierwelt. In nahezu allen Industrienationen sei die private Böllerei in Städten verboten.
Zu den Städten mit einer hohen Feinstaubbelastung gehören in Deutschland auch Stuttgart, Heilbronn, Ludwigsburg oder Esslingen. Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel lässt daher wie andere Stadtoberhäupter auch prüfen, ob Feuerwerke künftig aus der engeren Innenstadt verbannt werden können.
OB Mergel: Über Böllerverbot und Ersatzfläche nachdenken
„Wer das Thema Luftreinhaltung ernst nimmt, muss leider auch über den für manchen schmerzhaften Schritt eines „Böllerverbots“ zu Silvester nachdenken", erklärte Harry Mergel auf Anfrage von MORITZ. Deshalb habe er das Ordnungsamt gebeten, ein solches Verbot in der Innenstadt zwischen der Mannheimer Straße/Weinsberger Straße, Oststraße, Südstraße und Weststraße vorzubereiten. Gleichzeitig prüfen wir, ob wir außerhalb dieser Grenzen eine öffentliche Ersatzfläche zur Verfügung stellen können.“
Die Feinstaub-Werte:
Besonders hoch ist die Belastung in Stuttgart, Berlin und Gelsenkirchen mit jeweils 29 µg PM10/m3 im Jahr 2018.
Aber auch in Hagen (28 µg PM10/m3), Köln (27 µg PM10/m3), Halle (27 µg PM10/m3), Nürnberg (26 µg PM10/m3), Essen (26 µg PM10/m3), Esslingen (25 µg PM10/m3), Heilbronn (25 µg PM10/m3), Ludwigsburg (25 µg PM10/m3), München (25 µg PM10/m3), Frankfurt (25 µg PM10/m3), Dortmund (25 µg PM10/m3), Düsseldorf (25 µg PM10/m3), Oberhausen (25 µg PM10/m3), Hamburg (24 µg/m3; hier hatte der BUND geklagt), Limburg (24 µg PM10/m3), Bielefeld (24 µg PM10/m3), Mainz (24 µg PM10/m3), Reutlingen (23 µg PM10/m3), Offenbach (23 µg PM10/m3), Kiel (22 µg PM10/m3), Würzburg (22 µg PM10/m3), Hannover (22 µg PM10/m3), Oldenburg (22 µg PM10/m3), Wuppertal (21 µg PM10/m3), Aachen (20 µg PM10/m3), Darmstadt (20 µg PM10/m3), Regensburg (20 µg PM10/m3) und Passau (20 µg PM10/m3) wurde der WHO-Grenzwert im Jahresmittel 2018 überschritten. sg