»Power to the Popel: Demokratie für Quereinsteiger« ist das bereits fünfte Programm des vielfach ausgezeichneten Kabarettisten Philipp Weber. Der Universalgelehrte des deutschen Kabaretts lädt am 19. Oktober in der Rätschemühle Geislingen zu einer »aufregenden Expedition durch die Fauna und Flora des Staatswesens«. Mit MORITZ spricht er über seine Inspiration und worum es ihm geht.
Ist ihr neues Programm politischer als ihre bisherigen Programme?
Ja, es ist ein politischeres Programm, denn es geht um ein großes, spannendes und heiß diskutiertes Thema: Demokratie. Mit Entsetzen musste ich kürzlich lesen: „Ein Drittel der Deutschen bezeichnen sich selbst als demokratiemüde“! Gut, ich gebe zu, die Neujahransprache von Olaf Scholz versetzt selbst ein hyperaktives Eichhörnchen ins Koma … Aber dafür muss man doch nicht gleich am ganzen System zweifeln? Anlässlich des 75. Geburtstages unseres Grundgesetztes würde ich gerne mit diesem Kabarettprogramm in Erinnerung rufen: Die Demokratie ist die beste aller Staatsformen! Und warum? Weil sie mit Abstand auch die lustigste ist. Wer mir nicht glauben will, möge bitte zur Sommerfrische nach Afghanistan fahren: In Kabul gibt es kein Kabarett. Da hat man in Geislingen am 19. Oktober in der Rätschenmühle deutlich mehr zum Lachen. Also, nützen Sie diese Chance!
Woher nehmen Sie die Inspiration für ihr Programm? Ganz klar von meinen Mitmenschen. Wenn ich als Odenwälder etwas liebe, dann ist es reden, schwätzen, palavern. Viel, schnell und lustig. Das gepflegte Gespräch ist eine große demokratische Tugend. Aber wo findet man das heute noch? Die Leute babbeln ja nicht mehr miteinander, sie leben jetzt in der Bubble, im Internet. Und wir wissen genau, wie es da zugeht: Es wird gemotzt, gehetzt, gegeifert. Im Netz kann jeder Feigling ein „Dir gehören die Zähne eingeschlagen!“ rausbrüllen, um danach entspannt zu seinem Bier zu greifen. Wer so eine dicke Lippe am Stammtisch im Odenwald riskiert, trinkt sein nächstes Pils durch den Schnabelbecher. Deswegen sind für mich unsere Theater auch so wichtige Orte: Als vernünftiger Mensch trifft man hier andere vernünftige Menschen, eine wichtige Erfahrung. Denn gerade nach den letzten Landtagswahlen hat man ja das Gefühl, die Pappnasen-Dichte in der Gesellschaft stellt mittlerweile jede Clownsschule in den Schatten. Aber: Es gibt in Deutschland noch sehr viele angenehme Leute und aufrechte Demokratinnen und Demokraten. Auch, wenn man in manch einer Gegend vielleicht etwas länger nach ihnen suchen muss.
Gibt es Akteure, die mehr Humor und Selbstironie vertragen könnten?
Das ist meine ganz zentrale Botschaft: Humor ist die Brandmauer einer wehrhaften Demokratie. Ein guter Demokrat lacht gerne und laut, aber vor allem über sich selbst. Das unterscheidet uns Demokraten von Extremisten. Extremisten nehmen sich und ihre Sache sehr, sehr ernst. Und wie wir wissen, oft sogar tödlich ernst. Deswegen haben Extremisten von jeher die Satire bekämpft. Denn der Extremismus lebt von der Angst der Menschen. Und ein kräftiges Beben des Zwerchfells ist nun mal die beste Methode, seine Furcht abzuschütteln. Deswegen verstehe ich auch derzeit viele Wählende nicht mehr! Glaubt irgendjemand ernsthaft in diesem Land, mit Björn Höcke hätte die Welt mehr zu lachen? Gut, man kann sagen: Wieso, der Mann ist doch ein Witz? Schon, aber eben kein komischer.
Was sind die entscheidenden Zutaten für einen richtig guten Witz?
Die wichtigste Zutat ist eine ordentliche Portion Kreativität mit einer scharfen Prise Selbstironie. Pointen sollen überraschend sein und schnell um die Ecke kommen. Und natürlich stellt jedes Thema eine andere Herausforderung dar: Es ist deutlich leichter, den Untiefen des Ehelebens Komik abzugewinnen als unserem von Krisen geschüttelten Staat. Aber genau das unterscheidet ja das gesellschaftspolitische Kabaretttheater von der Comedy: Satire sucht immer nach relevanten Themen, die dem Bürger unter den Nägeln brennen oder im Magen grummeln. Jedoch wäre es ein Fehler, daraus zu schließen, das Kabarett sei weniger lustig. So ist es nicht! Wer in mein Programm geht, dem verspreche ich: Es wird gelacht! Bebend, befreiend und in diesem Fall sogar: hoch demokratisch!
Philipp Weber,
Power to the Popel: Demokratie für Quereinsteiger, Sa. 19. Oktober, 20 Uhr, Rätschemühle, Geislingen,