Paul Frielinghaus
Paul Frielinghaus war jahrelang im ZDF in der Krimiserie "Ein Fall für Zwei" als Rechtsanwalt Dr. Markus Lessing zu sehen. In diesem Sommer steht er in "Der Name der Rose" als franziskanischer Mönch William von Baskerville bei den Burgfestspielen Jagsthausen ab dem 15. Juli auf der Bühne.
MORITZ: Herr Frielinghaus in nicht mal drei Wochen ist Premiere, wie verlaufen die Proben bisher?
Paul Frielinghaus: Spannend! Wir haben zunächst intensive Leseproben gehabt, um uns in Umberto Ecos Gedankenwelten einzuarbeiten, und beginnen jetzt mit der szenischen Umsetzung. Ich habe tolle Kollegen und mit Eva Hosemann eine kluge und begeisternde Regisseurin!
MORITZ: Die meisten Zuschauer werden Sie wahrscheinlich aus dem Fernsehen kennen. Ihre Karriere begannen Sie aber ursprünglich am Theater, wie fühlt es sich an, nun wieder auf der Bühne zu stehen und dann direkt noch unter freiem Himmel?
Paul Frielinghaus: Ich freue mich sehr, denn ich habe die Bühne oft vermisst. Schon lange wollte ich mal Festspieltheater machen. Vor historischer Kulisse zu spielen und unter Umständen Wind und Wetter ausgesetzt zu sein, ist ein besonderes Abenteuer.
MORITZ: Wie hat sich ihr Theater-Engagement in Jagsthausen ergeben?
Paul Frielinghaus: Für mich - wie so oft für uns Schauspieler - völlig überraschend. Ein Anruf meiner Agentin "Du bist angefragt von Jagsthausen". Das war mir ein Begriff. Ich habe das Stück gelesen, auch im Roman geblättert und sofort Interesse bekundet. Dann gab es noch ein sehr angenehmes Kennenlerngespräch mit der Regisseurin, und wir waren handelseinig.
MORITZ: Sowohl der Roman "Der Name der Rose" als auch die Verfilmung waren Bestseller. Hat man als Schauspieler vor solchen Werken einen besonderen Respekt. Immerhin ist Ihre Rolle in vielen Köpfen sicherlich auch eng mit Sean Connery verknüpft?
Paul Frielinghaus: Das Buch ist wirklich ein gewaltiges Werk mit seinen vielen Facetten, den kirchenhistorischen, philosophischen, menschlichen und dem Kriminalfall. Schon der Film ist eine enorme Reduktion, die sich auf den Klosterkrimi konzentriert und ihn in großartigen Bildern erzählt.
Das Theater muss den Stoff wiederum verdichten und für einen Bühnenraum erzählbar machen. Insofern sind die drei Versionen kaum vergleichbar und wir dürfen - bei allem Respekt - uns mutig daran machen, unsere Version zu erzählen. Das Sean Connery auch den "William" gespielt hat, freut mich natürlich!
MORITZ: Umberto Eco hat in dem Buch sehr viele Anspielungen versteckt, Namen beziehen sich auf bekannte Philosophen des Mittelalters, die Figurenkonstellation ist an Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes angelehnt. Wie bringt man diese Intertextualität auf die Bühne?
Paul Frielinghaus: Das gehört zu den Aspekten, die sich im Buch in ihrer Fülle nur versierten Lesenden erschließen. Dazu könnte man ein dickes Programmheft gestalten, aber das braucht es gar nicht, die Geschichte ist stark, auch wenn man nicht alle von Eco benutzten Bezüge versteht.
MORITZ: Wie bereitet man sich darauf vor, einen Mönch aus dem späten Mittelalter, einer Zeit mit vielen politischen, sozialen und religiösen Konflikten, zu spielen?
Indem man sich viel mit der Materie beschäftigt. Ich habe intensiv den Roman sowie Literatur über die Mönche im Mittelalter gelesen, und z.B. bei Wikipedia über Franziskaner oder Inquisition recherchiert.
MORITZ: William von Baskerville lässt sich nicht vom blinden Glauben leiten, sondern ist im Vergleich zu den anderen Mönchen sehr kritisch und geht den Dingen auf den Grund. Dennoch kann er das Unglück am Ende nicht verhindern. Wie würden Sie Williams Verhältnis zum Glauben beschreiben? Ist das Schicksal am Ende für ihn unausweichlich?
Paul Frielinghaus: William wird von der franziskanischen Idee geleitet, das Evangelium immer wieder neu mit Sinn erfüllen zu wollen, das bedeutet auch, die Gültigkeit zu hinterfragen und offen für Neues zu sein. Er weiß, dass der Irrtum zum Leben gehört und begreift sich als Lernenden, der auch aus der Katastrophe eine Erkenntnis zieht.
MORITZ: Und wie steht es mit Ihrem eigenen Verhältnis zum Glauben?
Paul Frielinghaus: Mein Denken und Glauben unterscheidet sich radikal von dem der mittelalterlichen Christen, dem Himmel sei Dank!
Die Verteufelung der Frau und der Sexualität, die die Kirche damals betrieben hat und die "Der Name der Rose" beschreibt, machen mich fassungslos und zornig. Ich würde Liebe und Sexualität immer als "Gottesgeschenke" bezeichnen.
Meinen Glauben habe ich auch immer hinterfragt und neu formuliert. Ich bin den urchristlichen Ideen verbunden und habe viel erhellendes im Buddhismus gefunden. Im Zweifelsfall aber gebe ich der "Erklärung der Menschenrechte " den Vorrang vor Jahrtausende alten Geboten.
MORITZ: Sie können ja angeblich ein bisschen schwäbisch, fühlen Sie sich in Jagsthausen schon zuhause oder fehlt ihnen Berlin?
Paul Frielinghaus: Ja, schwäbisch war die Sprache meiner Mutter und Großmutter und ist mir eine liebe Erinnerung.
Und Jagsthausen ist für mich total exotisch, mit seinem "Regenwald" (regnet es hier auch mal nicht?) und seinen kurzen Wegen.
In der ersten Woche kam ich zu jedem Termin 20 min. zu früh, weil ich mir nach 28 Jahren Berlin gar nicht mehr vorstellen könnte, dass man so schnell zur Arbeit kommt...
MORITZ: Neben der Schauspielerei gehört ja auch Musik zu ihren Leidenschaften. Nutz Ihnen die Musik auch beim Schauspielen?
Sie ist ein schöner Ausgleich. Ich höre Musik zum entspannen oder spiele auf meinem Cello.
MORITZ: Warum sollte man Der Name der Rose in Jagsthausen auf keinen Fall verpassen?
Weil es einen spannenden Einblick in eine mittelalterliche Welt verschafft, der uns einmal mehr zeigt, wie froh wir sein können, heute mit den Werten der Moderne zu leben.