Wilhelm König
Bei den Reutlinger Mundartwochen gab sich in den vergangenen 40 Jahren alles, was in der Szene Rang und Namen hat, die Klinke in die Hand. Konstantin Wecker war schon da, Thaddäus Troll, Gerhard Polt, Bruno Jonas und Christoph Sonntag sowieso. Doch ist Mundart heut noch zeitgemäß? Oder sind die großen Zeiten vorbei. Ein Besuch bei Wilhelm König, dem Initiator der Traditionsveranstaltung in der Achalmstadt.
Viele Gründe für großen Optimismus gibt es nicht gerade. Der Vorverkauf, verrät der Gründer der Reutlinger Mundartwochen Wilhelm König, für die Jubiläumsveranstaltung – es sind die 40. Mundartwochen – laufe eher schleppend. Und nicht nur das. Die vergangenen Jahre zeigen, dass sich auch der Altersschnitt der Besucher deutlich angehoben hat. Heute brauche man bekannte Kabarettisten und Comedians als Zugpferde. Sie sind die einzigen, die die Massen noch ziehen. Initiator König ist sich der Situation wohlauf bewusst und versucht gar nicht, die Wahrheit zu verbiegen, etwas schönzureden. Sich Illusionen hinzugeben, ist nicht seine Stärke. Er ist ganz im Hier und Jetzt.
»Mundart ist heute nicht mehr ganz zeitgemäß«, bedauert er, »da ist zu viel verloren gegangen.« Speziell die Jugend habe keinen Bezug mehr zum Dialekt. »Selbst wenn man Künstler holt, die eigentlich bei einem jüngeren Publikum Anklang finden sollten, ist das Interesse nur verhalten«, sagt König.
A propos Künstler: Gerade da liege einiges im Argen. Nur im Comedy- und Kabarettbereich habe die Mundart noch ihren festen Platz und beim Nachwuchs sehe es überhaupt düster aus. Dieser habe nicht mehr das Niveau der »Alten Garde«. »Es gibt keine großen Mundartdichter mehr«, stellt König fest. Den Jung-Poeten fehle es an Ideen und Offenheit. »Da ist immer nur die Rede vom Zwiebelkucha und vom Moschd«, lacht er. Es hat etwas von Galgenhumor, wenn man weiß, wie viel König die Mundart bedeutet. »Aktualität: Fehlanzeige.« Wer in letzter Zeit von einer Mundartrenaissance gesprochen habe, »der g‘hert noch Schussaried«, sagt König gut gelaunt. Wer jetzt nichts mit dieser oberschwäbischen Redensart anfangen kann, dem sei sie übersetzt: Der gehört in die Psychiatrie und sollte seinen Kopf untersuchen lassen. Die Zeiten haben sich geändert und die Mundart ist nicht so schnell hinterhergekommen.
Bis 2018 geht es auf jeden Fall weiter
Doch es liegt nicht nur an den Zeiten oder den Umständen, auch der eigentlichen Veranstaltung fehle es an »Sprungkraft«, wie König das nennt. »Ich kann keine Experimente mehr machen«, bedauert er. Waren früher die Lesungen und Diskussionen das innovative Rückgrat der Mundartwochen, verschob sich der Fokus immer mehr in Richtung Kabarett und Comedy. »Das Publikum lässt sich nicht mehr so leicht auf neue Dinge ein«, sagt er.
Trotzdem will König die Mundartwochen auf jeden Fall noch bis 2018 weiterführen, denn dann feiert seine Mundartgesellschaft Württemberg ihren 40. Geburtstag. Bis zu diesem Jubiläum will er auf jeden Fall noch durchhalten. Über 2018 hinaus will sich König aber nicht festlegen und denkt laut übers Aufhören nach. »Aber nicht aus Müdigkeit«, sagt der 80-Jährige. »Sondern weil die Sache ausgereizt ist.« Optimismus klingt anders.
Reutlinger Mundartwochen
- Mi. 10.2., 19.30 Uhr - Festakt und Auftakt mit Dodokay
- Sa. 13.2., 19 Uhr - Wellküren: »Herz sticht«
- Mi. 17.2., 20 Uhr - Helge & das Udo: »Ohne erkennbare Mängel«
- Fr. 19.2., 20 Uhr - Martina Brandl: »Irgendwas mit Sex«
- Sa. 20.2., 14 Uhr - Jürgen Riedel: »Im Land der wilden Biber«
- Sa. 20.2., 19 Uhr - Karl-Heinz Dünnbier: »Bauklötze staunen«
- Sa. 27.2., 19 Uhr - Wein & Wort mit Vivid Curls & W. König
- Di. 1.3., 20 Uhr - Elisabeth Kabatek: »Zur Sache, Schätzle«
- So. 6.3., 17 Uhr - Geistreich: Probe, Wort und Musik
- Di. 15.3., 20 Uhr - Chr. Sonntag: »100 Jahre Christoph Sonntag«
Mehr zu den Mundartwochen unter: www.mundartgesellschaft-wuerttemberg.de