Lieder prägen sein Leben - seit über 50 Jahren. Für Konstantin Wecker ist dies Grund genug, die vergangenen Jahrzehnte für sich und sein Publikum auf Revue passieren zu lassen. Mit dem kammermusikalischen Programm »Lieder meines Lebens« präsentiert der Musiker, Komponist und Autor gemeinsam mit seinem Pianisten und langjährigen Wegbegleiter Jo Barnikel seine persönlichen poetischen Highlights – von den Anfängen bis heute.
Was erwartet das Publikum bei Ihrem neuen Programm? Ich habe sehr viele Lieder und Gedichte in meinem Leben geschrieben, aber ich habe mir die ausgesucht, die für mich in den letzten 50 Jahren persönlich sehr wichtig waren. Meine Poesie ist immer nur ein Geschenk gewesen. Ich habe mir nie etwas ausgedacht, es kam aus der Tiefe des Herzens und des Bewusstseins. Ein typisches Beispiel ist aus meiner schlimmen Drogenzeit Anfang der 90er. Ich hätte eigentlich in der Psychiatrie gehört, aber mein Ego und meine Eitelkeit haben das nicht zugelassen. Meine Poesie schon: Da habe ich ein Lied geschrieben, bei dem ich mich in einer Psychiatrie befinde: »Manchmal weine ich sehr«. Das ist ein Beispiel für Lieder, die einfach für mein ganz persönliches Leben wichtig waren.
Haben Sie sich bei der Auswahl der Lieder gedacht, dass ein Lied noch heute relevant ist? Das beste Beispiel ist das Lied »Sage Nein«, das ich kurz nach der Wende geschrieben habe, als die ersten Ausländerheime brannten. Ich hätte mir damals nie im Leben vorstellen können, dass heute Nazis in Parlamenten sitzen. Das war für mich undenkbar. Ganz bewusst hab ich das natürlich in meinem Programm, weil ich merke, dass viele Leute bei ihrem Widerstand gegen die AfD dieses Lied verwenden. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es jemals so weit kommt, dass Deutschland wieder Probleme mit dem Faschismus hat.
Haben Sie dieses Lied textlich angepasst? Ich habe den Refrain vor ein paar Jahren schon gegendert. Das war sehr wichtig, weil der einzige weibliche Beruf die Hausfrau war. Und das geht nun wirklich nicht. Das war mir sehr wichtiges Anliegen. Meine Poesie war schon immer weiser als ich und ich versuche mich jetzt langsam auch Gedichten anzunähern, die ich vor vielen Jahren geschrieben habe. Ich war als junger Mann ein gnadenloser, dummer, eitler Macho. Aber Gott sei Dank in meinen Liedern nicht. Und ich konnte dann eigentlich immer ein paar Jahre später meiner Poesie auch folgen.
Wie sind und waren die Reaktionen auf ihre Lieder? Ich merke, dass ich mit meinen Texten Menschen schon immer Mut machen konnte, zu sich selbst zu stehen und nicht irgendwelchen kruden Ideologien hinterherzurennen. Aber ich hatte natürlich auch Shitstorms, damals natürlich nicht digital und habe auch jede Menge Ärger mit Nazis gehabt. Gott sei Dank habe ich über 50 Jahre ein Publikum gehabt, das einverstanden war, dass ich meine eigenen Wege gehe. Ich bin meiner Poesie gefolgt. Ich bin schon als junger Mann ein bekennender Anarcho gewesen. Wenn ich ein Autor wäre, der nie auftritt, würde ich vielleicht ein gnadenloser Zyniker werden. Aber so erlebe ich Menschen, die wie ich die Sehnsucht nach einer, herrschaftsfreien, gleichberechtigten Welt zwischen Mann und Frau haben.
Do. 11. April , 20 Uhr, Congress-Centrum Stadtgarten, Schwäbisch Gmünd,