Die Münchner Kabarettistin widmet sich in ihrem neuen Programm ihrem Lieblingsthema, dem »Feierabend«. Claudia Pichler steht für modernes bayerisches Kabarett, für charmanten Dialekt und absurden Witz. Sie wurde 1985 in München geboren, studierte Literaturwissenschaften und wurde mit einer Doktorarbeit über Gerhard Polt promoviert. 2023 wurde sie mit dem Dialektpreis Bayern (für Oberbayern) ausgezeichnet.
Mit ihrem neuen Programm tritt sie unter anderem in Stuttgart und Geislingen auf.
Was darf das Publikum bei ihrem neuen Programm erwarten? Insgesamt mal einen hoffentlich für alle unterhaltsamen Abend. Das Programm ist eine Mischung aus alltäglichen Geschichten, absurdem Humor und Dingen, die mich bewegen und umtreiben. Die versuche ich immer aus einer relativ persönlichen Perspektive zu erzählen. Es ist eine Mischung aus Wortkabarett, dem ein oder anderen Gedicht und ein paar Liedern.
Ihre neue Tour findet hauptsächlich in Süddeutschland statt. Ist der Humor im Norden anders? Und werden Sie überhaupt im „Ausland“ verstanden?
Es ist natürlich oft sprachlich bedingt, warum ich eher im Süden Deutschlands unterwegs bin. Es ist tatsächlich auch einfacher mich nach Österreich zu erweitern als in Richtung Hamburg. Dort habe ich auch schon gespielt, aber mit einer relativ leichten Form des Bairischen und wenn ich merke, dass ich nicht richtig verstanden werde, übersetze ich auch. Aber ich glaube, Sprachprobleme hat es nie wirklich gegeben. Was den Humor angeht, glaub ich schon, dass er regional ein bisschen unterschiedlich ist, aber mich bewegen Dinge, die sind zutiefst menschlich sind. Damit kann jeder etwas anfangen. Die sind ja gar nicht so regional gebunden.
Sie stehen ja auch für den bayerischen Dialekt. Sehen Sie sich als Botschafterin?
Ja, so sehe ich mich gerne. Ich habe vom Freistaat Bayern ja auch eine Dialektpreis bekommen. Es ist mir aber immer wichtig zu sagen, dass ich das sehr tolerant und offen sehe. Ich mag das Bairische sehr gern, aber ich mag nicht wofür Bayern manchmal steht oder vielleicht auch wahrgenommen wird: Dieses »Mia san mia«-Gefühl, dieses Selbstbewusstsein, das manchmal etwas ausgrenzendes hat. Da bin ich total allergisch dagegen. Ich liebe Traditionen und ich liebe meine bayerische Sprache, aber ich sehe das sehr offen und tolerant.
Machen Sie sich Sorgen um das Aussterben von den Dialekten? Gerade in München redet ja eigentlich fast keiner mehr richtig bairisch.
Das stimmt. Früher hat man gesagt „Jeder Misthaufen hat einen anderen Dialekt“, also man konnte wirklich von Ort zu Ort unterscheiden und sagen wer woher kommt. Das geht natürlich dadurch verloren, dass die Menschen immer mobiler sind und sich alles immer mehr durchmischt. Ich glaube aber, das ist ganz normal für Sprache. Als ich in der Schule war, war es auch total verpönt, bairisch zu reden. Ich war in München oft die Einzige in der Klasse, die das daheim mit der Familie gemacht hat. Ich bin dafür oft ausgelacht worden, weil es so abgewertet wurde. Das hat sich inzwischen ein bisschen verändert. Die Wertschätzung für Dialekte ist gestiegen, aber ich weiß nicht, ob man das Verschwinden der Dialekte aufhalten kann. Sprache lebt davon, gesprochen zu werden und wenn etwas verlorengeht, kann man da gar nicht groß dagegen angehen, außer dass man selber mit Lust und Freude Dialekt spricht.
Wer nicht in Bayern lebt, wundert sich ja manchmal über die Bayern, ihre Sitten und Bräuche. Was empfinden die Bayern als völlig normal, was andere eher befremdlich finden? Es ist immer schwer, das von innen heraus zu beantworten. Wenn ich aber an unsere bayerischen Politikerinnen und Politiker denke, dann wirken die außerhalb Bayerns natürlich befremdlich. Wenn ich mir jetzt so einen Typen anschaue wie Hubert Aiwanger, der wirkt zwar manchmal auch in Bayern befremdlich, aber ich glaube, diese Selbstverständlichkeit mit dem Lodenjanker irgendwo aufzutauchen und sich nicht einmal zu bemühen, Hochdeutsch zu reden – das ist halt schon auch eine bayerische Eigenheit.
Sie stehen ja auch für den bayerischen Dialekt. Sehen Sie sich als Botschafterin? Ja, so sehe ich mich gerne. Ich habe vom Freistaat Bayern ja auch eine Dialektpreis bekommen. Es ist mir aber immer wichtig zu sagen, dass ich das sehr tolerant und offen sehe. Ich mag das Bairische sehr gern, aber ich mag nicht wofür Bayern manchmal steht oder vielleicht auch wahrgenommen wird: Dieses »Mia san mia«-Gefühl, dieses Selbstbewusstsein, das manchmal etwas ausgrenzendes hat. Da bin ich total allergisch dagegen. Ich liebe Traditionen und ich liebe meine bayerische Sprache, aber ich sehe das sehr offen und tolerant.
Kabarett behandelt gesellschaftliche und politische Themen. Machen Sie sich Gedanken darüber, wie weit Sie gehen können oder wollen? Das ist schon ein Thema. Gerade wenn ein Video online ist, werden gerne Sätze aus dem Zusammenhang genommen. Man muss sich heutzutage Gedanken darüber machen. Es ist immer die Frage, was man wie auf die Bühne bringt. Ich mache aber keine tagesaktuelle Politik, weil ich finde, dass das immer eine kurze Haltbarkeit hat. Mich interessieren eher Vorgänge, die ich als grundsätzlich empfinde. Was mich in Bayern aufregt, sind diese »Amigo Affären«, die es ja seit den 80ern und bis heute gibt. Man sagt vielleicht nicht mehr Amigos dazu, aber dann sind es irgendwelche Masken-Deals – Grob unter dem Stichwort Korruption zusammengefasst. Diese Spezl- Wirtschaft ärgert und nervt mich und klingt in meinen Programmen immer wieder durch. Ich arbeite mich aber gar nicht an konkreten Situationen ab, sondern an Phänomenen, die tief verwurzelt sind und ich grundlegend kritisiere.
Sie haben über Gerhard Polt promoviert. Welchen Einfluss hat er auf Ihre Arbeit? Woher ziehen Sie Ihre Inspiration für Ihre Programme?
Ich glaube, man kann niemanden direkt als Vorbild nehmen oder sagen: „Ich möchte auf der Bühne genauso wie Polt sein“. Aber man kann sich natürlich einiges abschauen oder sich inspirieren lassen. Gerhard Polt hat zum Einen diese wahnsinnige Bühnenpräsenz, die einfach beeindruckend ist. Auch diese Ruhe und Gelassenheit, die er grundsätzlich auf der Bühne hat, versuche ich mir schon abzuschauen. Polt ist ein super Menschen- Beobachter und wie er diese Dinge auf die Bühne bringt ist natürlich immer interessant. Aber jeder und jede muss auf der Bühne den eigenen Weg und die eigene Bühnenfigur finden. Ich habe immer den Eindruck, je näher ich bei mir persönlich bin und etwas Persönliches erzähle, umso authentischer wirkt es und umso besser funktioniert es.
In München ist das Derblecken auf dem Nockherberg quasi der Ritterschlag für die Kabarettisten. Würde sie das auch reizen, mal der Politprominenz die Leviten zu lesen?
Also den Nockherberg sehe ich sehr zwiespältig. Ich habe einerseits totalen Respekt davor, was die Kolleginnen und Kollegen beim Singspiel und bei der Fastenpredigt auf die Bühne bringen. Andererseits hat es für mich immer sehr komischen Beigeschmack, wenn diese Politikerinnen und Politiker vor einem sitzen und sich am lautesten kaputtlachen und sich freuen, wenn sie genannt werden. Das hat ja was von Hofnarrentum. Das ist das, was mich ein bisschen abschreckt und da sehe ich mich jetzt eher nicht. Es istkein Ziel von mir Teil davon zu sein. Ich spiele sehr gerne live und freue mich natürlich, wenn die Häuser voll sind, in denen ich spiele. Die können vielleicht noch ein bisschen größer sein, aber ansonsten taugt mir das gerade sehr wie es ist. Vielleicht gibt es den fernen Traum mal die Olympiahalle zu füllen, aber eigentlich bin ich sehr zufrieden, wie sich alles gerade entwickelt.
Do. 14. März, 20 Uhr, Rätsche, Geislingen, www.raetsche.com
Sa 16.3. 20:15 Uhr, Theaterhaus Stuttgart, www.theaterhaus.com