Sie waren eine Institution in der Region –doch nun ist Schluss mit den füenf. Die ikonische Stuttgarter A-Capella-Band beendet nach über 27 Jahren ihre Karriere. Naja, so ganz vorbei ist es noch nicht, immerhin sind die fünf Sänger noch bis 2024 auf großer Abschiedstournee unterwegs. Mit MORITZ lassen die drei Gründungsmitglieder Pelvis, Memphis und Justice ihre lange und beeindruckende Bandgeschichte Revue passieren.
Ihr seid grade auf Tournee. Fühlt es sich anders an, wenn man weiß, dass es die letzte Tour ist?
Justice: Das kommt darauf an, wo wir spielen. Wir sind zum Beispiel noch mehrmals im Theaterhaus, da ist also noch keine Finalstimmung angekommen, aber es gab so die eine oder andere Location, wo wir wissen, dass wir da nie mehr spielen werden, da fühlt sich das dann schon wie ein Abschied an und wird dann auch durchaus emotional. Das richtig große Bewusstsein dafür, dass es das Ende ist, wird aber noch kommen, denk ich mal.
Memphis: Eine gewisse Wertschätzung und Dankbarkeit ist schon da, auch bei den Zuschauern – umso mehr Spaß macht es dann, nochmal für sie spielen zu können.
Was können Zuschauer auf eurer Abschiedstournee erwarten?
Pelvis: Es ist das Best of vom Best of. Wir haben sehr mit uns gerungen, welche Stücke wir mit aufnehmen. Dabei haben wir es uns echt nicht leicht gemacht. Schlussendlich sind die Lieder dabei, die alle aus der Band am besten finden – fünf Meinungen sind da ein gutes Korrektiv, um gezielt auszuwählen, sodass nur die absoluten Hammerstücke übrig geblieben sind.
Justice: Parallel dazu haben wir auch eine Best Of-CD herausgebracht. Da gab es ein Fan-Voting, uns war es nämlich auch wichtig, zu wissen, was die Lieblingssongs unserer Fans sind. Wir haben festgestellt, dass es da viele Überschneidungen zu unserem eigenen Geschmack gibt.
Gab es in diesem Prozess die eine oder andere „vergessene Perle“, die ihr wiederentdeckt habt?
Pelvis: Da gab es einige. Ich war froh, den einen oder anderen persönlichen Liebling mit ins Programm zu schieben, da war aber viel, viel Glück im Spiel. Und Bestechung (lacht).
Memphis: Man entdeckt in diesem Zusammenhang auch viele alte Songs, die wir heute in dieser Form gar nicht mehr spielen würden. In unserem Repertoire befinden sich geschätzt rund 150 Songs, die wir in diesem Prozess wiederentdeckt haben und wo wir uns gedacht haben „Gut, dass wir die heute nicht mehr spielen!“ Da waren wir halt noch jung – ist wie bei den Ärzten, die spielen einige Sachen ja bekannterweise heute auch nicht mehr.
Wie kam es zu der Entscheidung, aufzuhören?
Justice: Wir kamen einfach irgendwann an den Punkt, wo wir alle gemerkt haben, dass wir alles gesagt haben, was uns bewegt. Unser Ziel war es immer gewesen, uns von Programm zu Programm weiterzuentwickeln, besser zu werden, lustigere Texte zu schreiben – irgendwann hatten wir das Gefühl, wir haben jetzt alles erreicht, worauf wir Lust hatten und es gibt jetzt keine Steigerung mehr. Die schlüssige Konsequenz war, uns mit einer Best Of-Tournee zu verabschieden – es also zum Schluss nochmal richtig krachen zu lassen.
Memphis: Der Entschluss fiel auch schon 2019, hat also mit Corona tatsächlich gar nix zu tun. Dadurch, dass jetzt so lange nichts passieren konnte, hat sich das Ende unserer Abschiedstournee allerdings nach hinten verschoben, sodass wir schlussendlich 2024 endgültig aufhören werden.
Wie war die Reaktion eurer Fans?
Justice: Es passiert ja glücklicherweise recht selten, dass sich eine Band auflöst und die Fans rufen „Gott sei Dank!“ (lacht). Die Fans sind schon traurig, wenn wir so das Feedback auf den sozialen Medien und nach unseren Auftritten sehen. Das freut uns dann natürlich auch, zu sehen, dass die Leute dankbar sind für all die Jahre Musik, die wir für sie gemacht haben.
Pelvis: Manche glauben uns das auch nicht so richtig. Die sagen immer noch, dass wir jetzt groß das Ende ankündigen und am Ende dann doch weitermachen werden. Das stimmt so aber definitiv nicht. Am Ende der Tour wird es drei große Abschlusskonzerte geben und dann ist endgültig vorbei.
Wie habt ihr damals zueinander gefunden?
Pelvis: Da gibt es mehrere Versionen. Patrick und ich hatten vorher in einer A-Capella-Gruppe zusammen gesungen und wollten danach eine neue Gruppe gründen. Wir haben dann den Christian gefragt und gemeinsam in einer Art Vorsingen zwei weitere Mitglieder gesucht. Das ist die „nüchterne“ oder langweilige Version. Die viel bessere Erklärung ist, dass wir uns spontan in der „Frau Hirsch“ in Bietigheim-Bissingen – ein Imbiss, der noch richtig gute Currywürste macht – getroffen haben und dann einfach eine Band gegründet haben (lacht).
Justice: Man könnte auch sagen, wir haben uns im Maredo offiziell gegründet, das ist nochmal eine edlere Variante der Story, die auch unseren Bandnamen erklärt: Wir haben uns nach den 500-Gramm-Steaks dort benannt (Lacht).
Pelvis: Du kannst ja alle Versionen schreiben und dann kann man sich selbst aussuchen, welcher man Glauben schenkt.
Memphis: Die Entscheidung, ausgerechnet A-Capella zu singen, war auch eine ganz praktische: Wenn alle Instrumente nur aus dem Mund kommen, hat man auf Tour weniger zu schleppen. Wir haben uns eigentlich nur gegründet, weil wir faul sind.
Wie oft wurde euer Bandname seit eurer Gründung eigentlich falsch geschrieben?
Justice: Sagen wir mal so: In der Zeit, in der wir uns gegründet haben, war der Name füenf der absolute Super-GAU. Da kam ja grade das Internet auf und man hat uns einfach nirgends gefunden. Rückblickend muss man aber auch feststellen, dass unser Name zumindest immer erstmal Irritation auslöst und aufmerksam macht. Wir wissen ja: Any promotion is good promotion. Man spricht darüber, man versucht uns zu finden, man beschäftigt sich mit uns. Naja, ist nicht der geilste Name, aber wenigstens kreativ.
Pelvis: Sag doch sowas nicht. Es ist der geilste Name. Punkt.
Wie kam es dann dazu, dass ihr irgendwann zur „Stimme“ der Stuttgarter Straßenbahnen wurdet?
Memphis: Wir hatten zu diesem Zeitpunkt eine neue Single rausgebracht und hatten uns dann überlegt, wie man das in Stuttgart am lustigsten und effektivsten präsentieren könnte. Da haben wir uns für die Straßenbahn entschieden. Die Linie 5 sind wir dann mitgefahren und haben gedacht, wir machen einfach eine halbe Stunde Programm und singen dort für die Fahrgäste. Was wir nicht ahnen konnten, war, dass die Leute eingestiegen, aber dann nicht mehr ausgestiegen sind, weil sie uns weiter zuhören wollten. Und irgendwann ging uns das Repertoire aus. Spontan haben wir dann irgendwann angefangen, aus dem Stehgreif die Haltestellen singend anzukündigen. Die SSB fand diese Idee ganz lustig und fragte an, ob wir nicht Lust hätten, eine ganze CD in diesem Stil zu machen. So kam es dann dazu, dass wir über 100 Haltestellen eingesungen haben. Eine Zeit lang lief das dann auch regelmäßig in der Straßenbahn, irgendwann wurde das dann aber nach ein paar Beschwerden wieder eingestellt. Das war eine sehr lustige Aktion und noch heute werden wir immer wieder darauf angesprochen.
Was sind in 29 Jahren Bandgeschichte die erinnerungswürdigsten Momente für euch?
Justice: Ich glaube, es hat jeder so seine eigenen Highlights. Was mit Sicherheit bleibende Eindrücke hinterlassen hat, waren Auftritte in Stuttgart auf dem Schlossplatz vor jeweils 60.000 Leuten, das war schon irre.
Pelvis: Wo ja aktuell die Winnetou-Debatte herrscht, ist mir eingefallen: Wir haben mal auf einer Gala gesungen, wo auch Pierre Briece anwesend war. Der stand dann auf der Bühne direkt neben mir und als plötzlich die Pyrotechnik losging, sagte er zu mir, in schönstem französischem Dialekt: „Wir leben gefährlisch!“
Memphis: Stimmt gar nicht, das hat er zu mir gesagt!
Pelvis: Da streiten Patrick und ich uns bis heute drüber, zu wem er das gesagt hat.
Justice: …was gar keinen Sinn ergibt, weil er hat es eindeutig zu mir gesagt.
Pelvis: Peter Maffay hat uns mal nen Handschlag gegeben und gesagt: „Ihr seid wirklich gut!“ Sowas vergisst man natürlich auch nicht.
Gibt es etwas, das ihr besonders vermissen werdet? Oder etwas, was ihr überhaupt nicht vermissen werdet?
Memphis: Das Autofahren werden wir definitiv nicht vermissen, da sind wir uns glaub ich alle einig. Die langen Fahrten waren oft extrem nervig.
Justice: Warten generell. Der Beruf des Musikers besteht zum Großteil aus Warten. Warten auf Soundcheck. Warten auf Einlass. Man hängt unglaublich viel rum. Das braucht keiner mehr von uns.
Memphis: Das haben wir aber natürlich gerne in Kauf genommen für die schönen Seiten. Dass wir so lange Zeit mit einer festen Truppe gemeinsam unsere Leidenschaft verfolgen konnten und damit auch Geld verdient haben, ist bis heute keine Selbstverständlichkeit und das werde ich sehr vermissen.
Pelvis: Auch unser Fanstamm, den wir uns erspielt haben, werden wir definitiv vermissen. Die haben unseren Namen aufgebaut, uns so lange die Treue gehalten und sind auch jetzt am Ende immer noch da und kommen in unsere Konzerte – auch in so unsicheren Zeiten. Einfach toll!
Justice: Nicht unterschlagen sollte man auch unser Team. Es sind ja nicht nur wir fünf, dahinter steckt ja noch ein ganzes Team an Technikern, Helfern etc. Einige davon sind auch schon seit Jahren mit uns zusammen, die werden wir also auch ganz besonders vermissen – vor allem das Gefühl der Nähe und des blinden Vertrauens, das wir da haben konnten.
Wisst ihr schon, wie es nach dem Aus für euch weitergeht?
Justice: Jeder von uns hat eigene Pläne und ist da in einer jeweils anderen Phase. Ich bin noch nicht so weit in meiner Planung, ich habe einige Ideen, die müssen aber erstmal gären.