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Konvoy
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Sophie Hunger
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Tortoise
Unverbrauchte und unabhängige Musik abseits des Mainstreams – so sieht sich Indie Rock selbst gerne. Doch stimmt das? Und was steckt überhaupt hinter diesem ominösen Begriff »Indie«? Das Reutlinger franz.K zeigt mit dem Indi(e)stinction-Festival, dass Indie nicht immer gleich Indie ist, sondern unzählige Facetten hat – wie schon immer in der Historie dieses Genres.
Indie Rock: Schlägt man heute Musikzeitschriften auf, stolpert man notgedrungen über diesen Begriff. »Indie« – was soll das sein, wie klingt das? Um dem auf die Spur zu kommen, muss man auf eine kleine Zeitreise gehen. Es sind die 70er Jahre, als die Rockmusik ihre Hochphase erlebt. Immer größer, immer opulenter, immer bombastischer sind die Shows. Das Rohe, das Unverbrauchte, das diese Musik als Quelle ihres Daseins anzapfte, kommt vielen Musikern und Musikfans abhanden. Rock ist Mainstream.
Seit es die populäre Musik in all ihren Facetten gibt, gibt es auch immer einen Gegen- oder einen Parallelstrom dazu. Das Naturell der Musik ist, dass sie schon immer abgegrenzt und zusammengebracht hat – zeitgleich. So ist die Entstehung einer neuen Bewegung, die sich von kommerzieller Musik abspaltet, die logische Konsequenz. Indie Rock der neue Rock, der sich um Erfolg nicht schert. Indie – das kommt vom Englischen »independant«, unabhängig.
Der Gegensatz zu massentauglich
Bands im englischen Untergrund zelebrieren ihre Unabhängigkeit. Sie pfeifen auf große Labels, veröffentlichen ihre Alben bei kleinen Labels. Nicht selten kann man die Personen, die an einem Album arbeiten, an einer Hand abzählen. Sie lassen sich nichts vorschreiben. Sie spielen nicht in riesigen Hallen, sondern in kleinen Clubs vor einer Handvoll Leute. Aber dann mit so einer Wucht und so einer Kraft, dass sie zugleich Konzertbesucher inspirieren, selbst Musik zu machen. Wer nicht massentauglich genug war, war »indie«. So die einfache Formel der Plattenfirmen damaliger Zeit.
Der englische Untergrund zur Jahrzehntewende brodelte und kochte und brachte mit »The Smiths« die wohl größte Ikone des Indie Rock auf die Welt. Keine Band hat diese Musikrichtung so geprägt wie die vier Jungs aus Manchester. Das »New Musical Express« sah »The Smiths« noch vor den Beatles als »einflussreichste Künstler aller Zeiten«. Zu ihren Erben gehören heute, fast 30 Jahre nach deren Auflösung, solche Künstler wie »Arcade Fire«, »Sonic Youth«, »Franz Ferdinand« oder »Kaiser Chiefs«.
Die Indie Musik heute
Dennoch hat heute Indie nur im Ansatz etwas mit den Ursprüngen dieses Genres gemein. Wollte man sich damals bewusst vom Mainstream abwenden, sind die besagten Bands heute längst Teil davon. Sie spielen nicht mehr nur in kleinen Clubs, sondern auf den größten Festivals Europas. Ihre Songs laufen auf einschlägigen Radiosendern rauf und runter. Ja, sie werden sogar zum Soundtrack erfolgreicher Computerspiele.
Dabei muss man natürlich sagen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Oft unter dem Radar der breiten Wahrnehmung und des Mainstreams gibt es auch heute noch unzählige großartige Künstler, die in ihrer Unabhängigkeit mit innovativen Sounds beeindrucken können. Genau diesen Künstlern widmet das Reutlinger franz.K ein ganzes Festival. Beim »Indi(e)stinction-Festival« trifft man auf bekannte und weniger bekannte Musiker, international erfolgreiche Gruppen und lokale Newcomer. Es sind Künstler wie »Tortoise« und »Chloe Charles«, »Safi« oder »The Angelcy«, »Konvoy« oder Sophie Hunger, die zeigen, welche Kraft und welche Vielseitigkeit im heutigen »Indie« stecken. Jeder der Künstler ist auf seine eigene Art besonders, jeder hat etwas mitzuteilen, jeder elektrisiert mit seiner Musik. Und jeder zeigt, dass Indie Musik einer der interessantesten und weit verzweigtesten Äste des Musik-Stammbaums ist. Alexander Steinle
Indi(e)stinction-Festival Mo. 15. Februar bis Di. 8. März, franz.K, Reutlingen. Alle Konzerte und Infos online auf www.franzk.net