Foto: Patrick Pfeiffer
Hamlet - Prinz von Württemberg
Das Sommertheater der Württembergischen Landesbühne Esslingen zeigt in diesem Jahr Jörg Ehnis Shakespeare-Abwandlung »Hamlet – Prinz von Württemberg« auf der Open-Air-Bühne in der Maille. Freuen kann man sich auf ein opulentes Spektakel.
Regie führt wie im vergangenen Jahr Klaus Hemmerle. Freuen kann man sich auf ein opulentes Spektakel, das alles hält, was Freilichttheater verspricht. »Nicht umsonst haben die Griechen das Freilufttheater erfunden«, sagt Regisseur Klaus Hemmerle mit einem prüfenden Blick in die dichten Wolken. Seit dem 23. Juli ist das Sommertheaterstück der Württembergischen Landesbühne, »Hamlet – Prinz von Württemberg«, auf der Open-Air-Bühne in der idyllischen Maille zu sehen. Da geht der Blick bei den Theatermachern naturgemäß öfter als sonst in der Spielzeit gen Himmel. Ändern können Hemmerle und sein Team freilich nichts, beim Gang zur Bühne fährt der Regisseur dennoch ordentlich Optimismus auf. »Wenn das Wetter dann tatsächlich hält, ist es für alle doch umso schöner.«
Schwaben und ihr Verhältnis zur Macht
Fakt ist: Die Kulisse könnte nicht besser zu Shakespeares »Hamlet« passen. Ein Türmchen, eine breite Treppe, eine Brücke, der Neckar – ideale Rahmenbedingungen für die Geschichte um einen von Selbstzweifel geplagten Prinzen. Hemmerle bringt allerdings keine klassische Variante auf die Bühne. Vielmehr schrieb Autor Jörg Ehni für die WLB eine schwäbische Fassung des großen Shakespeare-Dramas und verlegte die Handlung an den Hof des württembergischen Königs. Aus guten Gründen, wie der Regisseur weiß: »Sein Hamlet thematisiert die Schwaben und ihr Verhältnis zur Macht.« Deshalb lässt er die alten Eliten schwäbisch, die Jungen aber klassisches Hochdeutsch sprechen – ein genialer Kniff, der den Generationenkonflikt zum Selbstläufer macht. »Für mich war das der Auslöser, warum ich das Stück überhaupt erst machen wollte«, verrät Hemmerle. Es hätte ihn nicht interessiert, einen rein schwäbischen Hamlet zu inszenieren, wie man es vom possenhaften Bauerntheater kennt. »Das wäre mir deutlich zu anbiedernd.«
Dann lieber ein zeitloser Hamlet, der den Muff unter den Talaren enttarnt und in moderner Alltagsklamotte daherkommt. »Hamlet«, ist sich der Regisseur sicher, »muss man zeitlos sehen.« Der Seele des Stückes bleibt die WLB dennoch treu. Auch das Schwäbisch ist kein albernes Geschwätz, sondern ein ernstes »Honoratiorenschwäbisch«, wie Hemmerle es nennt. »Einige derbe Pointen gibt es natürlich auch, die gehören sich schließlich für Shakespeare.« Es scheint eh, dass Ehni mit seiner Abwandlung ein messerscharfer Blick auf die Gesellschaft geglückt ist – noch dazu inszeniert in einer Umgebung, in der sich auch Englands Dichterfürst sehr wohlgefühlt hätte. »Bei Freilichtinszenierungen darf man nicht zimperlich sein, wenn es mal nicht still ist«, so Hemmerles. »Doch so ein Theater hat Shakespeare auch gar nicht geschrieben. Seine Geschichten sind sehr robust.«
Das war im frühen 17. Jahrhundert auch bitter nötig. Früher war ein Theater mehr Spektakel als intimes Kammerspiel, es wurde gegessen, getrunken und es gab Zwischenrufe. »Es war eher ein Boxkampf, der nichts mit der heutigen Heiligkeit Shakespeares zu tun hatte. Klassisches Volkstheater eben.« Da ist die Maille als lebendiger Ort in der Stadt die perfekte Wahl. »Die Freitreppe ist ein großartiger öffentlicher Ort, zudem wollte ich unbedingt den Fluss für Ophelias Tod haben.«
Die Maille als Perfekte Kulisse
Shakespeare, für Hemmerle das Dramatikergenie schlechthin, hätte sicher seine Freude an dieser Inszenierung gehabt. Das Ensemble samt Regisseur eh. »Es ist das beste Stück der Welt«, legt sich Hemmerle fest. »Es ist so reich, da stecken mindestens zehn Stücke drin. Deshalb kann sich jeder etwas anderes herausziehen und es geht dennoch nie in die Hose. Allerdings kann man es auch nie in seiner Gänze fassen. Hamlet«, schließt er mit einem stillen Lächeln, »ist der Himalaya.« Björn Springorum
Hamlet – Prinz von Württemberg Vorstellungen noch bis Fr. 29. Juli, in der Maille, Esslingen, www.wlb-esslingen.de