Foto: Gonschior
Französische Filmtage
Sie sind das größte Schaufenster des frankophonen Kinos in Deutschland und genießen auch weit über die Landesgrenzen hinaus einen hervorragenden Ruf. Nicht zuletzt deshalb kommen zu den Französischen Filmtagen Jahr für Jahr namhafte Filmemacher und präsentieren ihre spannenden Produktionen. Die 32. Auflage des Filmfestivals vom 4. bis 11. November steht dieser erfolgreichen Tradition in Nichts nach.
Mal über den Tellerrand schauen, seinen Horizont erweitern, etwas sehen, was man sonst nicht oft zu Gesicht bekommt. Ja, die Besucher, die jedes Jahr den Französischen Filmtagen einen Besuch abstatten, wissen schon warum. Seit mehr als drei Jahrzehnten bietet das Filmfestival einen beeindruckenden Einblick in die Filmkunst abseits Hollywoods. Nicht zu unrecht behaupten viele Experten, dass französisches Kino, mit all seinem Charme, all seinen Charakteren und all seinen Geschichten, das wahre Kinoerlebnis ist. Dieses Erlebnis findet vom 4. bis 11. November in Tübingen und Stuttgart eine Bühne. Die Besucher dürfen sich auf zahlreiche neue Filme freuen und sind schon jetzt gespannt, wer sich in den einzelnen Wettbewerben durchsetzen wird.
Trendbestimmende Wettbewerbe
Auch in diesem Jahr konkurrieren im »Internationalen Wettbewerb« neun Produktionen aus den vergangenen beiden Jahren unter anderen um den Filmtage-Tübingen-Preis. Sie repräsentieren alle das junge frankophone Kino und sie sind alle ausgesprochen eindrucksvoll, was nicht zuletzt an den Protagonisten – alternde Transvestiten in Kambodscha, schwangere Teenager oder sterbende Kfz-Mechaniker – liegt. Diese Filme setzen Trends und geben Themen vor, die in den nächsten Jahren das frankophone Kino bestimmen werden. Doch das ist bei Weitem noch nicht alles. In der Kategorie »Horizons« zeigt das Festival einen üppigen Querschnitt durch die aktuelle franko-phone Filmszene. Vom sperrigen Politthriller bis zum anrührenden Coming of age-Streifen, vom Wohlfühlkino zum Sozialdrama reicht das Spektrum der durchweg intelligenten und individuellen Produktionen. »Fokus Afrika« rückt die Filmemacher vom »schwarzen Kontinent« in den Mittelpunkt und beweist, welch Potenzial dort lauert. Das Gastland 2015 ist Burkina Faso, das mit mindestens drei Filmen vertreten ist. Neben diesen etablierten Sparten des Festivals bietet die diesjährige Auflage auch Neues: 2015 wird getanzt.
Tanz und Politik
Literatur und Musik haben in Tübingen und bei den Filmtagen eine lange Tradition. In den vergangenen Jahren hat sich in der Universitätsstadt zudem eine vielseitige und lebendige Tanzszene etabliert. Auch die Französischen Filmtage und ihr Publikum tanzen mit. Gemeinsam mit der Choreografin Teresa Isabella Meyer haben die Festivalmacher ein Tanz-Film-Programm mit Filmen und Workshops entwickelt, für die Nikola Jeremic die Musik komponiert hat. Ein buchstäblich bewegendes Tübingen-Teamwork.
Schon immer waren die Französischen Filmtage auch ein Ort der Diskussionen und des Meinungsaustausches. Es liegt in der Tradition des Festivals, sich mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen und nicht wegzuschauen. Die unglaublichen Resultate des Front National bei den Wahlen im vergangenen Jahr, das Attentat auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo«, Festnahmen und Ermittlungen gegen französische Reporter – all das sind gute Gründe, eine Debatte über Presse- und Meinungsfreiheit ganz oben auf den Spielplan der Französischen Filmtage und damit verstärkt politische Akzente im Filmfest zu setzen.
Bewährt und beliebt: Cinéconcert
Auch das Rahmenprogramm der Filmtage lässt keine Langeweile zu. Ein bewährter Programmpunkt, der bei zahlreichen Besuchern beliebt ist, ist das »Cinéconcert«. Ein Stummfilm wird von Live-Musik begleitet. Ein Klassiker, Sonnenaufgang – Lied von zwei Menschen (Sunrise) von F. W. Murnau ist dieses Jahr als Cinéconcert zu sehen. Die DJs von RadioMentale machen einen spannenden Musik-Mix zu einem der größten Werke der Filmgeschichte. Darüber hinaus haben die Filmtage in dieser einen Woche alles zu bieten, was ein großes Festival auszeichnet: interessante Gäste, rauschende Partys, gemütliche Runden und vor allem ein begeisterungsfähiges Publikum. Und mögen Tübingen und Stuttgart nicht der Nabel der Welt sein, in diesen sieben Tagen sind sie der Nabel der unverwechselbaren frankophonen Filmkunst. Alexander Steinle
32. Französische Filmtage Mi. 4. November bis Mi. 11. November, Kinos in Tübingen und Stuttgart, komplettes Festival-Programm online auf www.franzoesische.filmtage-tuebingen.de