And the Oscar goes to: Gerd Nefzer aus Schwäbisch Hall hat den Oscar in der Kategorie Beste visuelle Effekte für seine Arbeit in dem Hollywood-Blockbuster »Dune« gewonnen. Es ist bereits der zweite Oscar für den Spezialeffekte-Künstler nach seinem ersten Gewinn im Jahr 2018. Warum er es beinahe nicht zur Verleihung geschafft hätte und wie er die legendäre Ohrfeige von Will Smith an Chris Rock live miterlebt hat, verrät er im MORITZ-Exklusivinterview.
Herr Nefzer, zunächst mal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Oscar-Gewinn. Wie fühlt sich das an?
(lacht) Es fühlt sich natürlich grandios an, ist ja klar! Es tut unheimlich gut, das ist die höchste Auszeichnung in der Filmbranche. Diese gleich zweimal zu erhalten, da läuft man auch als bescheidener Schwabe mit stolzgeschwellter Brust umher, ist ja logisch!
Fühlt sich so eine Oscar-Nacht anders an, wenn man sie bereits zum zweiten Mal live miterlebt?
Auf jeden Fall. Ich hab das Ganze ja quasi schon einmal geübt. (lacht) Danach bewegt man sich natürlich viel sicherer, weil man genau weiß, was auf einen zukommt, wie die Abläufe sind, wie die Interviews ablaufen – auch was man zu tun hat, nachdem man auf der Bühne den Oscar überreicht bekommen hat, das ist ja nochmal eine eigene spezielle Sache mit vielen, vielen Interviews, Fotos und so weiter. Das ist hinter der Bühne genauso spannend wie auf der Bühne, das kann einen beim ersten Mal noch echt überwältigen.
Wie kann man sich das Prozedere, nachdem der Oscar überreicht wird, genau vorstellen? Was passiert dann?
Man wird hinter die Bühne geleitet, dort hat man an einem eigenen Fotoplatz nochmal die Gelegenheit, die Dankesrede, die man auf der Bühne aus Zeitgründen nicht mehr geschafft hat, nachzuholen. Dann trinkt man ein Gläschen Champagner, woraufhin das offizielle Interview der Academy folgt, dann kommt eine große Fotosession mit 70 bis 80 Fotografen, man unterschreibt auf einem offiziellen Academy-Plakat, stellt sich den Fragen von hunderten Reportern und irgendwann geht es dann wieder zurück auf den Sitzplatz in der Halle, wo man den Rest der Show verfolgt.
Beinahe hätten Sie ja an der Verleihung nicht teilnehmen können…
Genau, das war wirklich allerletzte Eisenbahn. Meine Frau und ich kamen von der BAFTA-Verleihung zurück, hatten einen Schnelltest gemacht und zack, meine Frau war positiv. In Weinsberg haben wir dann einen PCR-Test gemacht und es war schnell klar, auch mich hat es erwischt. Danach haben wir jeden Tag gefiebert, ob wir noch rechtzeitig vor dem Oscar-Termin negativ werden. Irgendwann hatte ich schon nicht mehr damit gerechnet, hatte meine Koffer wieder ausgepackt – und dann kam überraschend doch noch der negative Test. Ein echter Wettlauf gegen die Zeit. Dann hieß es also, direkt wieder Koffer packen und ab nach Los Angeles.
Wie haben Sie die Verleihung selbst wahrgenommen?
Am Anfang, als die Live-Übertragung noch nicht lief, hatte ich noch so ein bisschen das Gefühl, die Preise werden etwas abgefrühstückt. Aber als die Show dann richtig losging, wurde es sehr interessant und lustig – das ist einfach eine Riesenveranstaltung und alle Hollywood-Größen sind da. Das Wiedersehen mit meinem Dune-Team hat mich natürlich sehr gefreut, inklusive dem Regisseur Denis Villeneuve, den ich sehr schätze. Dann bin ich natürlich auch dem einen oder anderen Schauspieler über den Weg gelaufen, wie Kevin Costner oder Al Pacino. Mit Nicole Kidman und Francis Ford Coppola konnte ich sogar ein Foto machen.
Die Preisverleihung rückte bei den diesjährigen Oscars ja leider etwas in den Hintergrund. Wie haben Sie den Moment wahrgenommen, als Will Smith auf der Bühne dem Moderator Chris Rock ins Gesicht schlug, nachdem dieser einen Witz über Smiths Frau gemacht hatte?
Da kam ich grade von hinten wieder in den Saal und hatte mich zu meiner Frau gesetzt. Plötzlich steht da Will Smith auf, geht auf die Bühne und hat Chris Rock eine geklatscht. Den Schlag haben wir bis zu uns auf den Platz gehört. Ich hatte ja erst gedacht, das gehört zur Show. Erst als Will Smith dann anfing rumzuschreien, wusste jeder, dass das kein Spaß ist. Danach war die Stimmung natürlich dahin.
Ich finde das ehrlich gesagt saublöd, dass dieser Moment diese tolle Veranstaltung und die Stimmung komplett kaputt gemacht hat. Es wird der weltweit wichtigste Preis verliehen und in den Schlagzeilen stehen Will Smith und Chris Rock. Einfach traurig! Die Leute wissen nicht mal mehr, wer überhaut den Beste Film gewonnen hat –dabei war »CODA« ein wunderschöner Film, der mir sehr gut gefallen hat. Meiner Meinung nach sollten die beiden sich wie Männer bei einer Flasche Wein zusammensetzen und sich entschuldigen – und zwar beide, auch Chris Rock! Da haben definitiv zwei dazugehört.
Ihren ersten Oscar haben Sie für Blade Runner 2049 gewonnen – ebenfalls von Dune-Regisseur Denis Villeneuve. Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden?
Wir kennen uns und mittlerweile gehöre ich auch zu Denis Villeneuves Filmfamilie dazu, was natürlich eine ganz besondere Auszeichnung ist. Mit ihm zusammenzuarbeiten, ist eine große Freude, auch menschlich ist er unheimlich liebevoll – und einfach ein grandioser Regisseur. Mittlerweile weiß ich halt auch, wie er funktioniert und was ihm gefällt. Das hilft mir natürlich unheimlich, auch jetzt beim nächsten Film, den wir zusammen machen. Es war ein herausfordernder Effekt-Film, gerade die brennenden Palmen, diese besonderen Helikopter und natürlich die Sandstürme zu realisieren, war nicht einfach. Aber es war eine tolle Crew, es gab keine Egos und war entsprechend einfach schön – und auch erfolgreich, wie man sieht.
Wie fühlt sich die Rückkehr in die Heimat Schwäbisch Hall an?
Es ist nach diesem ganzen Trubel einfach schön, wieder zuhause zu sein. Schwäbisch Hall ist eine wunderschöne Stadt in einer wunderschönen Gegend, es ist klein, beschaulich, man hat seine Ruhe, kennt sich untereinander. Auch die Region liegt mir sehr am Herzen, es gibt unheimlich viele Freizeitmöglichkeiten. Es ist einfach die Heimat und mein Zuhause. Nirgendwo kann man sich besser von dem ganzen Wahnsinn erholen und wieder runterkommen. Im eigenen Heim ankommen, die Tür zumachen und entspannen. Später dann vielleicht eine Runde Fahrrad fahren und die Natur genießen – das ist genau das Richtige!
Es gibt ja immer mehr Forderungen, dass Filmeffekte und die Arbeit hinter den Kulissen mehr gewürdigt wird. Wie stehen Sie dazu?
Auf jeden Fall! Finde ich völlig richtig! Es geht nicht nur um die Schauspieler, die groß im Rampenlicht stehen. Dass die dann die einzigen sind, die gefeiert werden, ist einfach nicht gerecht. Jeder, der an einem Film mitarbeitet, hat ein Stück zu diesem Kunstwerk beigetragen und die knallharte Arbeit und die vielen, vielen Stunden und Entbehrungen, die sehen die meisten Menschen eben nicht. Das ist sehr ermüdend und belastend, denn es ist nicht nur die tolle Glitzerwelt, es ist schwerste Arbeit und ich hoffe, dass das erkannt wird.