Das sind die MORITZ- Kinotipps im April.
MORITZ-Skala
1 schrott
2 naja
3 okay
4 top
5 mega
Sterben
Drei Stunden dauert Matthias Glasners bei den Filmfestspielen in Berlin für das beste Drehbuch ausgezeichnetes Familiendrama. Es geht darin in fünf Kapiteln und einem Epilog ums Sterben, und damit auch ums Leben, sich Arrangieren und Klarkommen mit den Steinen und Schwierigkeiten, die es einem so in den Weg räumt. »Sterben« ist auch der Titel einer Komposition, die Lars Eidinger in seiner Rolle als Dirigent Tom im Film einstudiert. Nach Splatter und Walking-Dead solle sie sich anhören, fordert er das Orchester auf. Splatter gibt’s später in den Räumen einer Zahnarztpraxis tatsächlich. Tom muss aber auch privat so einiges Dirigieren: die Eltern stehen an der Schwelle zum Tod, die Schwester trinkt exzessiv, eine Vaterrolle will er auch noch übernehmen und muss dem oft aufbrausenden Komponistenfreund eine Stütze sein. Lars Eidinger inmitten eines großartigen Ensembles schultert diese Fülle an Lasten, Emotionen und Exzessen bravourös. Trotz der Länge bleiben viele Dinge trotzdem nur angedeutet. Start: 25. April 4
Andrea lässt sich scheiden
„Weil Sie so nett zu mir sind, geht’s mir gleich noch schlechter.“ Ein typischer Josef-Hader-Satz. Lakonisch bis zum Geht-nicht-mehr. Hader ist in seinem neuen Film ein einsamer Religionslehrer. Dem Alkohol hat er abgeschworen, und nimmt nun die Schuld auf sich, einen Mann überfahren zu haben. Hat er aber nicht – und das weiß die Polizistin Andrea (Birgit Minichmayr) selbst am besten. Der Verkehrstote war nämlich ihr Mann. Die schwarze Komödie lässt Witz, Lakonie und Tragik aufeinanderprallen, inhaltlich jongliert sie mit Motiven wie Spurenverwischen und Schuldzuweisung, macht sich Gedanken über ländliche Mentalitäten und das Leben in der Provinz, außerdem die Mobilität als solche. Haders trockener Humor und sein Sinn fürs Makabre lohnen wie immer. Start: 4. April 4
Back to Black
Sie ist eine jener Pop- und Rockikonen, die Mitglied im Klub 27 sind. Wer 2015 bereits den Dokumentarfilm „The Girl behind the Name“ von Asif Kapadia gesehen hat, wird nichts wesentlich Neues über Amy Winehouse erfahren. Gleichwohl darf das Spielfilmporträt von Sam Taylor-Johnson („Fifty Shades of Grey“) als gelungen betrachtet werden, zeigt es die britische Sängerin in Aussehen und Look, Gesten und Mimik sowie ihrem Sprach- und Singstile absolut authentisch. Deutlich wird auch, dass der Starrummel um ihre Person sie nervte und dass die Drogen und der Alkohol ihr nicht guttaten. Marisa Abela macht als Amy einen begnadet guten Job. Die großen Retro-Soul-Songs von Winehouse singt sie selbst, Nick Cave und Warren Ellis steuern die Filmmusik bei. Start: 11. April 4
Kleine schmutzige Briefe
Himmelherrgott, was wird in dieser britischen Komödie geflucht. . Um Streit zwischen Nachbarinnen geht’s, biedere Britin die eine, Revoluzzerin aus Irland die andere. Letztere soll ersterer demütigende Briefe schreiben. Ob’s stimmt? Colman als Dauerempörte ist Klasse. Start: 28. März 4
Club Zero
„Bewusste Ernährung“ steht in der Satire der Österreicherin Jessica Hausner auf dem Stundenplan einer Privatschule. Die Schüler nehmen es so ernst, dass sie gänzlich auf Nahrung verzichten möchten. Mit bösem Witz, und kaltblütiger Doppelbödigkeit fordert das Werk heraus. Start: 28. März 4
Chantal im Märchenland
Dornröschen wachküssen bitte auf eigene Gefahr! Bora Dagtekin, Regisseurin von „Fack ju Goehte“, hat mit Jella Haase als Influencerin auf Zeitreise in eine Märchenwelt den Kosmos ordentlich entstaubt. Wichtiger als Prinzen ist die Gier nach Likes Ziemlich durchgeknallt. Start: 29. März 3
One Life
Statt Skiurlaub den Retter von 669 jüdischen Kindern geben, das ist doch mal was. Nicholas Winton hat dies 1938 getan und den Transport von Flüchtlingskindern von Prag nach London mitermöglicht. Hopkins spielt den bescheidenen Senior, der 2002 zum Ritter geschlagen wurde. Start: 29. März 4
Irdische Verse
Der Besuch in deutschen Amtsstuben ist nicht immer lustig. Dennoch aber erfolgversprechender als die Willkür und Schikanen, die den Protagonisten dieses iranischen Spielfilms widerfahren. Man mag darüber lachen, krass ist das reglementierungssüchtige Verhalten dennoch. Start: 11. April 4
White Bird
Vom Erfahrungsschatz der älteren Generationen profitieren kann inspirierend sein. Einem Rebellen in New York geht es so, nachdem ihm seine Großmutter von ihrer Jugend als gejagter und abenteuerlich geretteter Jüdin in Frankreich erzählt. Motto: Es lebe die Menschlichkeit. Start: 11. April 4
Zwischen uns der Fluss
Lena Urzendowky, vor kurzen noch im Roadmovie „791 km“ als „Schwarzfahrerin“ im Taxi nach Hamburg unterwegs, muss in Kliers Drama einen Sozialdienst absolvieren und die traumatisierte Deutsch-Vietnamesin Cam begleiten. Eine feinsinnige Freundschaft entsteht. Start: 11. April 3
Amsel im Brombeerstrauch
Eine Ende 40-jährige Frau in einem georgischen Dorf entdeckt die Liebe. Von der Ehe hielt sie bislang nicht viel, genoss ihre Unabhängigkeit. Nun aber kommt sie auf den Geschmack, muss sich neu erfinden. Der Wandel zum Glück vollzieht sich auf angenehm langsame Weise. Start: 18. April 3
Ich Capitano
Wenn an der sizilianischen Küste Flüchtlingsboote anlanden, dann haben die Passagiere zumeist eine lange und beschwerliche Reise hinter sich oft verbunden mit Gefahren und Demütigungen. Matteo Garrone zeichnet den Weg zweier Jugendlicher aus dem Senegal nach. Start: 4. April 4
Morgen ist auch noch ein Tag
Zuckerbrot und Peitsche, davon bekommt Delia (Paola Cortellesi) täglich. Ein gewalttätiger Mann und fluchende Söhne halten sie nicht vom träumen ab. In Italien hatte der Schwarzweißfilm am Vortag der Entscheidung für Frauenwahlrechte mehr Zuschauer aus „Barbenheimer“. Start: 4. April 5
Evil does not exist
In kaum berührter Natur aufzuwachsen ist ein Privileg. Die Bewohner eines japanischen Dorfes sind stolz darauf. Ein Investor hat die Idylle entdeckt – und bald könnte nichts mehr sein, wie es war. Dagegen wehren sie sich in diesem sehr ruhigen und poetischen Ökodrama. Start: 18. April 5
Challengers – Rivalen
Die Rivalität, von der im Titel die Rede ist, bezieht sich in dieser Rom-Com auf das Konkurrieren zweier ambitionierter Tennisspieler mit ihrer Trainerin (Zendaya), die nicht mehr matchfähig ist. Aus Dreisatzbattle wird also Dreiecksbeziehung. So was geht ja selten gut. Start: 25. April 3