Die Direktkandidaten des Wahlkreises 258 Stuttgart I im MORITZ-Kurzinterview.
Steckbrief
Name: Johanna Tiarks
Geburtstag-/Ort: 27. Januar 1982 in Schwäbisch Gmünd
Wohnort: k.A.
Studium/Ausbildung:
- Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin
- B.A. Pflegemanagement
Derzeitiger Beruf: Studentin der Pflegewissenschaft (Master)
Interview
1. Welche Schlagzeile möchten Sie am Montag, den 25. September, bei Ihrer Frühstückslektüre in der Zeitung lesen?
Deutschland wählt den Wechsel. Merkel abgewählt, Linke zweistellig und drittstärkste Kraft
2. Was muss getan werden, um die Bürger zukünftig besser vor Terror zu schützen? (Stichwort „Innere Sicherheit“)
Wir brauchen mehr Polizei auf der Straße und eine konsequente Anwendung der bestehenden Gesetze. Dass der Attentäter von Berlin den Behörden bekannt war, sogar hätte verhaftet werden können, sie den dann aber aus den Augen verloren haben, macht deutlich, dass es gar keiner schärferen Gesetze bedarf. Und natürlich müssen wir eine Antwort darauf finden, warum islamistische Hetze bei so vielen Menschen auf offene Ohren trifft und junge Menschen bereit sind, ihr Leben wegzuwerfen, um andere zu töten.
Was immer untergeht: Sicherheit ist auch eine soziale Frage. Denn nur reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten. Wir brauchen das Gegenteil: einen handlungsfähigen Staat und einen Sozialstaat, der die Gesellschaft zusammenhält. Wenn wir das Fundament dieser Gesellschaft robust machen, dann lässt sie sich auch nicht durch jede (tatsächliche oder vermeintliche) Bedrohungslage aus dem Gleichgewicht bringen lässt. Ohne soziale Stabilität läuft jede Sicherheitspolitik ins Leere. Das sieht man u.a. an den USA.
3. Brexit und die Wahl von Macrone: Welche Rolle soll Deutschland künftig in der EU einnehmen?
Deutschland ist die stärkste Wirtschaftsmacht in Europa und hat deshalb eine große Verantwortung dafür, dass die EU ihre Kürzungspolitik beendet. Die europäische Idee wird zerstört, wenn es Länder mit 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit gibt. Ziel muss es deshalb sein, das starke wirtschaftliche und soziale Auseinanderdriften zu beenden. Wenn wir den Euro erhalten wollen, müssen wir bei Ländern mit so unterschiedlicher Produktivität und Leistungskraft einen politischen Ausgleich schaffen. Deswegen wollen wir verbindliche soziale, ökologische und steuerliche Standards vereinbaren und den Wettlauf nach unten mit geringen Löhnen und Sozialleistungen in manchen Ländern beenden. Dafür brauchen wir ein europaweites Investitionsprogramm. In Deutschland müssen wir die hohen Exportüberschüsse dadurch abbauen, dass die öffentlichen Investitionen und die Löhne angehoben werden. Wir können unseren Wohlstand nicht dauerhaft auf den Schulden der anderen aufbauen.
4. Trump und Erdogan: Wie sollte sich Deutschland Ihrer Meinung gegenüber den USA und der Türkei in Zukunft verhalten?
Bei beiden hilft nur klare Kante und ein Ende von Duckmäusertum und fragwürdigen Deals. Auf keinen Fall dürfen wir Trumps Forderung folgen, künftig 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Rüstung auszugeben – als ob es nicht schon mehr als genug Waffen auf der Welt gibt. Die neu gewählte Bundesregierung muss den Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen von deutschem Boden fordern. Und Erdogan müssen wir klar machen, dass für eine autokratische Diktatur kein Platz in der EU ist und er das Selbstbestimmungsrecht der Kurdinnen und Kurden zu achten hat.
5. Aufhalten, aufschieben oder auflösen: wie sieht Ihr Lösungsansatz beim Thema Flüchtlingsthematik aus?
Vor allem müssen wir endlich mit der Bekämpfung der Fluchtursachen beginnen. Wenn die Bundesregierung Patrouillenboote nach Saudi-Arabien exportiert, das im Jemen einen blutigen Krieg führt, tut sie das genaue Gegenteil. Wir können noch so viel in Mauern, Abschottung und Abschreckung investieren – die Geschichte der Menschheit zeigt, dass sich Menschen davon nicht aufhalten lassen. Deshalb muss es gelingen, ihnen und ihren Kindern eine Perspektive in ihrer Heimat zu schaffen. Dafür müssen Kriege beendet, Waffenexporte gestoppt, Landgrabbing und Überfischung der Meere ebenso unterlassen wie eine handels- und Wirtschaftsentwicklung, die den Produzenten vor Ort keine Luft zum Atmen lässt. Aus gutem Grund gibt es zudem ein Asylrecht in unserem Grundgesetz, so dass Menschen bei uns Schutz suchen können, die in ihren Ländern aus verschiedenen Gründen bedroht sind. Daran dürfen wir nicht rütteln.
6. Ungebildet, ausgebildet oder eingebildet: wie sieht Ihr Lösungsansatz beim Thema Bildungspolitik aus? (einheitl. Bildungssystem, Fachkräftemangel, Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Kita, Kita-/Hochschulgebühren)
Deutschland ist mit seinen de facto 16 Bildungssystemen nicht reif für das 21. Jahrhundert. Damit und mit der sozialen Ausgrenzung in unserem Bildungssystem verschenken wir gewaltige Potentiale, was eine der Ursachen für den Fachkräftemangel ist. Wir sollten schnellstens dazu kommen, dass alle Kinder gemeinsam länger lernen können, so dass wirklich alle Talente gefördert werden. Und zwar von der Kita an in einer Ganztagsbetreuung, die auch die ersten Schuljahre umfassen sollte. Selbstverständlich muss Bildung gebührenfrei sein.