Revue-Operette in sieben Bildern von Rudolph Schanzer und Ernst Welisch
In einer Fassung der Staatsoper Stuttgart mit einem Text von Judith Schalansky
in deutscher Sprache
Ein ebenso populärer wie ambivalenter Stoff, der mit einem Wort unzählige Assoziationen weckt: Casanova! Nur einen Tag nachdem Bertolt Brecht und Kurt Weill mit der Dreigroschenoper im späteren Berliner Ensemble vielleicht den Theaterknaller der Weimarer Republik aus der Taufe gehoben hatten, legte Regisseur und Choreograf Erik Charell gleich nebenan im Vorläufer des Friedrichstadtpalasts nach. Die Hauptstadtpresse war begeistert: „Casanova ist ein großer Erfolg. Er bedeutet die Auferstehung der Operette!“ (Der Montag). Die „elektrisierende Musik von Johann Strauss“ (Berliner Tageblatt) wurde von Ralph Benatzky nicht nur neu arrangiert, sondern auch elektrifiziert – durch „das neue Instrument Vibraphon“, wie es im Programmheft zur Uraufführung annonciert wurde. Wiener Walzer verbindet sich mit Tango Argentino, Streicherkantilenen mit Saxophonklängen, das 19. mit dem 20. Jahrhundert, die Operette mit der Revue. „Im Rausch der Genüsse“, so die Hymne des Abends, begleiten wir Casanova durch sieben Bilder. Venedig, Spanien, Wien, Potsdam, Böhmen und zurück in den venezianischen Karneval: Maskenspiel und Nostalgie, Klischee und Projektion. Der Titelheld wird zur Idee, zum Angst- und Lustbild, während als schillerndste Figur, als casanovahafteste, die Tänzerin Barberina ins Zentrum rückt, die selbst dem großen Liebhaber den Kopf verdreht. Oder war das Laura? Oder Trude? Oder Helene? Marco Štorman und sein Team kreieren mit Casanova eine lustvolle Diskurs-Revue über das Begehren, die Verführung, die Nostalgie. Ein Spiel mit Identitäten und Oberflächen, mit Bildern von Männlichkeit, Weiblichkeit und dem Dazwischen.