Foto: János Adelsberger
Casper bei den KSK Music Open 2015
Was macht in der Regel einen guten Auftakt eines Festivals aus? Es muss schon vieles zusammenkommen. Musiker, denen man die Spielfreude ansieht, deren Energie sich sofort aufs Publikum überträgt. Ein Publikum, das begeisterungsfähig ist, das alles mitmacht, was von der Bühne als Ansage kommt. Eine Location, die auf ihre ganz eigene Art und Weise mit ihrer Einzigartigkeit beeindruckt. Und auch ein Wetter, das genügend Raum für eine ausgelassene Feier bietet. Wenn all das zusammenkommt, spricht man gerne von „perfekt“. Und „so perfekt“ war am vergangenen Freitag der Auftakt der KSK Music Open. Casper hatte zu einem seiner Castivals geladen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da hat er in kleineren Clubs des Landes vor einer Handvoll Hundert Menschen gespielt. Erst vor drei Jahre war er zum Beispiel im Reutlinger franz.K. Seitdem ist vieles passiert im Musikbusiness und für ihn ging es immer bergauf. Heute gehört Casper zu der führenden Riege deutscher Rap-Stars. Im vergangenen Jahr bereits Headliner bei den HipHop Open, tour er in diesem Sommer mit seinen „Castivals“ durchs Land. Ein Aufstieg, dem man Respekt zollen sollte. Denn Casper schwamm nie auf einer Marketingwelle, die Künstler schnell nach oben, aber dann umso schneller wieder nach unten bringt. Benjamin Griffey, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, hat sich seine Meriten verdient und ist zurecht dort, wo er heute ist. Für den vergangenen Freitag bedeutete dies vor 10.000 Zuschauern im ausverkaufen Innenhof des Ludwigsburger Residenzschlosses.
Es ist ein Auftritt, bei dem die oft bemühte Gänsehaut ihre über alle Maßen verdiente Daseinsberechtigung hat. Auf exzellente von den beiden Vorbands, Zugezogen Maskulin und vor allem vom schwer beeindruckten und beeindruckenden Bosse, warmgespielt, braucht es nicht viel, dass das Publikum zum weichen Wachs wird. Als bereits das Intro, die Titelmelodie von Indiana Jones, einsetzt, gibt es links, rechts, vorne und hinten kaum ein Halten. Alle Hände sind in der Luft, die Menge jubelt fast schon extatisch. Die Dezibelanzahl erhöht sich, als Casper „Im Ascheregen“ die Bühne betritt. Gleich hinterher haut er „Auf und davon“, „Alles endet (aber nie die Musik)“ und „Casper! Bumaye“ raus. Was für ein Auftakt! Zeit, um Luft zu holen, bleibt kaum. Alles springt, tanzt, schreit. Erst als dann mit „Ariel“ ein tiefgründiger, langsamer Song folgt, kommt die Masse zur Ruhe und lauscht gebannt den Worten Caspers. Dieses Auf und Ab, das Wechselspiel zwischen Durchdrehen und In-Sich-Kehren, bestimmt den Abend. Während man bei „Mittelfinger hoch“, seinem klaren Statement gegen die „Arschgeigen, die irgendwo im Osten Flüchtlingsheime anzünden“, noch mit ausgestreckten Mittelfingern hüpft, übermannt einen bei „Michael X“, das Casper für einen Freund, der Selbstmord beging, geschrieben hat, ein beklemmenden Gefühl. Was nicht zuletzt an der Performance liegt. Casper steht ganz allein, umhüllt vom Schwarz des fortgeschrittenen Abends und nur von einem Spot ausgeleuchtet auf der Bühne und lässt die Menge an seinen Innenleben teilhaben. Ganz großer Moment.
Überhaupt zieht Casper an diesem Abend alle Register. Er covert Songs seiner befreundeten Rapper Marteria („Alles verboten“) und Kollegah („Karate“), er lässt Feuerwerkskörper in die Luft jagen, Flammen steigen. Er taucht nach dem tonnenschweren „Der Druck steigt“ auf der zweiten Bühne über dem Mischpult auf und beweist dort nicht zuletzt bei „Cas in Paris“, dass er mit Recht zu den besten Rappern gehört, die dieses Land zu bieten hat. Begleitet wird er dazu noch von einer hervorragenden Band, die unfassbar großen Druck aus den Boxen erzeugt. Das sehen auch die 10.000 andere Besucher an diesem Abend so. Zwei Stunden nach Indiana Jones, in denen Casper nie müde war zu sagen, wie viel es ihm bedeutet, vor dieser Kulisse und in der Region Stuttgart, „die immer gut zu uns war“, zu spielen, fühlt er sich „Endlich angekommen“. Es ist die Zeit, Abschied zu nehmen. Doch nur für den Moment, die Erinnerungen werden bleiben. Es war so perfekt.
Alexander Steinle
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