Oli Kahn
Ein echter Tübinger ist entweder weltberühmt oder stadtbekannt. Letzteres trifft auf Oliver Rödiger, besser bekannt als Oli Kahn, auf jeden Fall zu. Er gehört zum Stadtbild wie die Stiftskirche und die berühmte Neckarfront. Am Weltruhm arbeitet er noch.
Schallt die Gôgen-Hymne über den Neckar und eine laute Baritonstimme erzählt von der Geschichte der Stadt, dann ist Oli Kahn wieder mit dem Stocherkahn unterwegs und unterhält seine Passagiere. Nein, der Fußball-Titan hat nicht umgeschult – die Unistadt hat ihren eigenen Oli Kahn und den kennt hier eigentlich jeder. Er heißt Oliver Rödiger und stochert seit mehr als 20 Jahren Einheimische und Besucher den Neckar hoch und runter. Für den Mann mit der nach eigener Aussage großen Klappe ist das Stochern ein Traumjob. »Eigentlich ist das Stochern keine Arbeit«, stellt Oliver Rödiger fest. »Es ist das pure Vergnügen.« Doch vom Vergnügen allein kann er nicht leben. Rödiger arbeitet auch noch als Stadtführer und Fotograf, erstellt Homepages und hat ein Buch übers Abnehmen geschrieben. »Ich werde aber gerade von Tag zu Tag fetter«, erzählt er lachend, »da kann ich das Buch jetzt schlecht herausbringen«. Mit viel Humor schlägt er sich durchs Leben und lässt keine Möglichkeit aus, seine Ideen zu verfolgen. Auch wenn sie manchmal skurril oder überzogen erscheinen.
Titanentreffen
Als ein Fahrgast ihm nahegelegt hatte, das Singen doch sein zu lassen, konnte er das nicht auf sich sitzen lassen. »Dir zeig‘ ich‘s«, dachte sich Rödiger. »Ich werde der nächste Superstar.« So meldete er sich im vergangen Jahr beim Casting für »Deutschland sucht den Superstar« in Reutlingen an und kam mit seiner Version der Gôgen-Hymne immerhin bis in die nächste Runde nach Köln. Doch statt weiterhin sein Glück bei DSDS zu suchen, entschied er sich dafür, beim Supertalent einzusteigen. Die Castings für die nächste Staffel beginnen im Frühjahr und Rödiger fiebert bereits einem Treffen mit dem Pop-Titan entgegen. »Ich freue mich schon, Dieter Bohlen zu treffen«, sagt Rödiger. »Das ist ein feiner Kerl.«
Beinahe wäre der Stocherkahnfahrer 2014 auch schon der nächste Oberbürgermeister von Tübingen geworden. Immerhin 256 Stimmen konnte er auf sich vereinigen. Er hätte sicherlich noch mehr bekommen, wenn er offiziell auf dem Wahlzettel gestanden hätte. Aber ein Unwetter verhinderte, dass Rödiger rechtzeitig alle notwendigen Unterstützer-Unterschriften im Rathaus vorlegen konnte. Und damit endete der Traum von der politischen Karriere. Im Nachhinein ist er aber froh, dass es nicht geklappt hat. Denn Boris Palmer mache einen guten Job. »Der Herrgott wollte einfach nicht, dass ich OB werde«, sagt er lachend. Und das, obwohl er einen so guten Draht nach dort oben habe. Denn Rödiger ist auch noch der Wettermacher für die Unistadt und verspricht bei all seinen Fahrten gutes Wetter. Doch Rödiger hat auch eine ernste Seite.
Die ernste Seite
»Ich bin ein Weltverbesserer«, stellt er klar. Der Klima- und der Umweltschutz liegen ihm sehr am Herzen. Um nicht nur leere Worthülsen herauszuposaunen, sondern auch aktiv etwas für die Umwelt zu tun, hat er das Projekt »Olicoin« ins Leben gerufen. Mit diesem Konzept will er so viele Menschen wie möglich auf der Welt vernetzen, um so aus einer kraftvollen Position heraus Gutes tun zu können. Bis es soweit ist, fließt aber noch viel Wasser den Neckar hinunter. Und darauf fährt Oli Kahn mit dem Stocherkahn. Der andere Oli Kahn, der Fußball-Titan, hat übrigens keine Einwände gegen den Namen erhoben. »Wenn er mal nach Tübingen kommt, dann werde ich ihn aber auf jeden Fall auf meinen Kahn einladen«, verspricht Rödiger. Christoph Schwärzler